Bewertung: *****

Einer Zuordnung verwehrt sich dieser Film: „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ ist vieles: Emanzipationsdrama, Kostüm- und Künstlerinnenfilm, hinreißende Lovestory oder opulentes Historienporträt. Eines ist Céline Sciammas neues Werk, soeben mit dem besten Drehbuch bei den Europäischen Filmpreisen ausgezeichnet, eindeutig – ein Mut machender Befreiungsschlag, eine neue Denkweise von Kino und eine Einschreibung von weiblichen Figuren in die Filmgeschichte.


Es ist 1710, das Setting ist ein Steinschloss an der rauen Küste der Bretagne. Eine verwitwete Gräfin hat die Malerin Marianne (Noémie Merlant) herbestellt, damit diese die Tochter der Gräfin, Héloïse (Adele Haenel), für ihren zukünftigen adeligen Mann in Mailand porträtieren soll. Klitzekleines Problem: Héloïse will gar nicht heiraten. Deswegen soll das Gemälde heimlich entstehen und Marianne wird zunächst als Konversationsdame in die Gesellschaft eingeführt. Es sind ihr vorerst also nur flüchtige Blicke auf ihr Modell erlaubt – vor der stürmischen Küste, in dunklen Kammern oder im Licht von Kerzen und Kaminfeuer.


Sciamma schreibt die Geschichte vom männlichem Maler und seinem weiblichen Modell neu. Die Männer fehlen in diesem Film – nur ein Diener hat einen kurzen Auftritt. Die Protagonistinnen nähern sich einander an – in Blicken voller Begierde, die sie lange nicht deuten können, weil die Normen dafür fehlten und schließlich in Taten voller Begehren und Aufbegehren.

Raue Verhältnisse an der Bretagne-Küste
Raue Verhältnisse an der Bretagne-Küste © (c) Filmladen

Das Filmfeuer der Zukunft brennt

Solche von Frauen erdachten und verfilmten Leinwand-Bilder gibt es selten: im Kinosessel wird man Zeuge von einer Abtreibung, einem Opiumrausch, von betörenden lesbischen Liebesszenen und vom Feuer der Zündhölzer, die Marianne entflammt, weil sie verwegen genug ist, Pfeife zu paffen. Das Filmfeuer der Zukunft – es brennt.