Schriftsteller und Drehbuchautor Alex Garland hat sich gleich mit mit seinem Regiedebüt „Ex Machina“ (2014) einen Namen gemacht. Nun kommt nach einem Streaming-Ausflug sein dritter Film ins Kino - und liefert Feuer für aktuelle Debatten. Er trägt den programmatischen Titel „Men“ und Garland lässt auch in der Ausgestaltung der Geschichte und ihrer Figuren keinen Zweifel über die feministische Stoßrichtung seiner Horror-Erzählung.
Den generischen Titel teilt Garlands „Men“ sich u.a. mit einem verschollenen Pola-Negri-Stummfilm von 1924. Auch dort soll es um eine junge Frau gehen, die sich der Zudringlichkeiten von Männern erwehren muss. Aber knapp 100 Jahre und mindestens eine MeToo-Bewegung später erzählt Alex Garland die leidige Geschichte um toxische männliche Übergriffigkeit als konzeptuelle Parabel, die ordentlich Angst macht.
Protagonistin Harper Marlowe ist auf dem Weg in ihr Urlaubsdomizil in einem winzigen englischen Dörfchen. Dort will sie den Tod ihres Mannes verarbeiten, über den der Film in kurzen traumatischen Flashback-Momenten immer wieder neue Aspekte erzählt. In dem malerischen Ort angekommen, führt sie der überaus eigentümliche Vermieter Geoffrey durch das noble Landhaus. Die Idylle wird jedoch schon beim ersten Spaziergang getrübt als ein mysteriöser nackter Mann im Wald und später im Vorgarten auftaucht. Auch der schmierige Pastor der lokalen Kirche, dem sie sich anvertraut, ist nicht gerade eine Vertrauensperson, ebensowenig wie der Polizist, den sie zu Hilfe ruft. Und der Teenager im Kirchhof nennt sie sowieso gleich einmal „Schlampe“.
All diese Männer ähneln sich nicht nur in ihrer Übergriffigkeit, sondern auch äußerlich. Sie alle werden von Rory Kinnear genial gespielt. Als Harper brilliert Jessie Buckley, vergangenes Jahr Oscar-nominiert für ihre Nebenrolle in „The Lost Daughter“, als selbstbewusste Frau, die sich durchaus rational gegen die verschiedensten Bedrohungen wehrt.
Filmisch entwickelt Regisseur Alex Garland nach seinem bunten Sci-Fi-Film „Annihilation“ erneut eine kompakte Erzählung mit quasi-mystischen Sog, samt angedeuteter archaischer Mythen. Er findet für seine moderne Hauptfigur eine sprechende Umgebung und starke Bilder, diesmal geerdet im beschaulichen englischen Wald- und Landhaus-Stil. Die unübersehbare politische Thematik ist dabei ebenso direkt wie symbolisch aufgeladen. Das gibt „Men“ etwas sehr konzeptuelles ohne aber die filmische Wirkung zu vernachlässigen. Eine raffinierte feministische Volte auf die Horror-Mythen.
Bewertung: ***
Marian Wilhelm