Gérard Depardieu ist ein berühmter Schauspieler. In „Robuste“ spielt er nun den resignierten Filmstar Georges. Als sein Gegenüber platziert Debütregisseurin Constance Meyer den Mitte zwanzigjährigen Shootingstar Déborah Lukumuena. Aïssa soll Georges als Bodyguard bewachen. Aber dazu gehört weniger der Schutz vor anderen als vor sich selbst. Denn der gelangweilte Schauspielstar büxt gerne aus, vergisst alles und braucht insgesamt ordentlich Assistenz in seinem Alltag. Was nach einer seichten französischen Komödie mit politisch noch seichteren Anspielungen auf Aïssas afro-französische Herkunft klingt, erweist sich ganz im Gegenteil als sensibles Charakter-Drama mit melancholischer Stimmung. Als Eröffnungsfilm der Cannes-Sektion Semaine de la Critique ist „Robuste“ dabei nur nebenbei in einigen Szenen an süffisanten Kommentaren über den Filmbetrieb interessiert.
Auch die progressiv-politischen Themen rund um den Blick auf die beiden schwergewichtigen Körper der Hauptfiguren sind tief im Drehbuch eingearbeitet. Anders als in so manchem dialoglastigen heimischen Themen-Film wird nicht darüber gesprochen. Meyer baut vielmehr ihre Mise-en-Scène auf der Körperlichkeit der Figuren auf. Das kommt vor allem auch Depardieu zugute, dem vielleicht körperlichsten europäischen Schauspieler unter so vielen kopflastigen Mimen diesseits des Atlantiks. Die beiden scheinbar so ungleichen Figuren finden von Anfang an eine gemeinsame Wellenlänge.
Während sich der exzentrische Star Georges in einer späten depressiven Midlife-Crisis verloren hat, ist die ebenso verantwortungs- wie selbstbewusste Aïssa am Anfang einer Karriere als Personenschützerin. Daneben kämpft sie als Ringerin und versucht eine Beziehung zu ihrem Kollegen Eddy aufzubauen. Die freundschaftliche Annäherung von George und Aïssa wird dabei wunderbar von der Energie der beiden Darstellenden getragen.
Der Film erzählt von einer Beziehung mit Verständnis und Konflikt, die sich auch ohne viel Filmhandlung weiterentwickelt. Déborah Lukumuena, die bereits 2017 den Nebenrollen-César gewonnen hat, hält dabei die Spannung gegenüber einem betont-ruhigen Depardieu, dessen schwierige Persona mit seiner semi-sympathischen, über-selbstbewussten Figur verschwimmt. Doch Regisseurin Constance Meyer verlässt sich nicht auf diesen Effekt, der einen Teil des Reizes von „Robuste“ ausmacht. Dadurch wird der Film zu einem der sinnlich-filmischeren Beiträge aus der ebenso über-selbstbewussten Kinonation Frankreich.
Bewertung: ****
Marian Wilhelm