Der nächste Bachmannpreis wird zwar erst wieder im Sommer 2024 verliehen, nun ist ein preiswürdiger Film über die Namenspatronin der Klagenfurter Tage der deutschsprachigen Literatur zu sehen. Die Grande Dame des bundesdeutschen Kinos, Margarethe von Trotta, hat sich der berühmtesten Kärntner Weltschriftstellerin angenommen. Für die Hauptrolle in „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ hat sie keine Geringere als Vicky Krieps („Corsage“, „Der seidene Faden“) engagiert. Die charismatische Mimin macht damit einen Sprung von ihrer überlebensgroßen Rolle als Sisi in die Nachkriegszeit – von einer Adeligen zu einer Autorin. Von einer Frau mit dem Wunsch nach Freiheit hin zu einer, die versuchte, die Freiheit tatsächlich zu leben.
Auch, wenn Titel und Erzählperspektive auf Bachmann fokussieren, geht es darin um die Episode mit dem Schweizer Autorenkollegen Max Frisch. Der großartige Ronald Zehrfeld legt die Männlichkeit seines Max Frisch bei aller Sympathie recht altmodisch an. Wie kann eine Beziehung von zwei freien Intellektuellen Bestand haben, die sich ihre Freiheiten zugestehen? Scheitert sie an der außergewöhnlichen Freiheit zweier mutmaßlich außergewöhnlicher Menschen oder doch nur daran, dass Frisch Bachmann mit seiner lauten Schreibmaschine nervt?
Der junge Liebhaber
Hier stellt sich das Genre des Films als einfühlsames Liebesdrama quer gegen das feministische Thema, das eine Regisseurin wie von Trotta immer im Blick behält. Oft haben Genre und Politik eine gemeinsame Stoßrichtung. Hier neutralisieren sie sich gegenseitig in einem Biopic, das die Biografie seiner Protagonistin sehr eng fasst. Das tut den beiden und ihrer reflektierten Liebe ein Stück weit Unrecht.
Die Regie-Pionierin findet mit der späteren Ägyptenreise Bachmanns mit ihrem jungen Liebhaber ein geschicktes Kontrastelement, das sie als Vorgriff in die tragisch gefärbte Lovestory mit Frisch einbaut. Damit gönnt sie Ingeborg Bachmann einen Ausweg, der optimistischer ist als das reale Ende ihres Lebens bei einem Wohnungsbrand in Rom 1973.
Auch wenn das Drama ein – im Guten wie im Schlechten – spürbar deutscher Film über eine berühmte Österreicherin ist, strahlt er dank Vicky Krieps und der beeindruckenden Bildgestaltung doch auch international.
Marian Wilhelm