Dieser Film ist ihr Ritterinnenschlag und ihr Einstieg ins Big Business der Blockbuster: Greta Gerwig hat für den "Barbie"-Film den pinken Teppich ausgerollt und überrascht mit ihrer feministischen Übernahme des künstlichen, perfekten Barbielandes alle. Mit widerspenstigen, zweifelnden, unangepassten, ausbüxenden, verliebenswerten und klugen Frauenfiguren kennt sich die 39-Jährige bestens aus: als Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin. In "Frances Ha" unter der Regie ihres Ehemanns Noah Baumbach verkörperte sie darin 2012 eine Endzwanzigerin, die sich mitsamt Makeln und Spleens durch das Großstadtdickicht New Yorks plagt und mutierte zur unverwechselbaren Indie-Ikone einer Generation. Am Drehbuch schrieb sie damals schon mit. Ihr Markenzeichen: Sie lässt ihre Figuren aus der Reihe tanzen. Ihr Solo-Debüt als Regisseurin feierte sie 2017 mit "Lady Bird". Darin erzählt die zweifache Mutter die Coming-of-Age-Geschichte eines aufmüpfigen Mädchens in der langweiligsten Stadt Kaliforniens – in Sacramento. Dort übrigens, wo auch Gerwig lernte, sich zu emanzipieren. Mütter- und Tochtergeschichten sowie andere Beziehungsgeflechte skizziert sie zärtlich und zornig, wenn es sein muss.
Den Literaturklassiker "Little Women" steckte sie 2020 wider alle Konventionen in aufregend zeitloses Gewand. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences ignorierte den Film in den wichtigen Kategorien, bei "Barbie" wird sie hoffentlich schlauer sein. Denn dieses Plastikpuppenland ist eines für jene, die Barbies lieben und jene, die sie hassen. Gerwig glückt der Spagat. Ihre politische, philosophische, visuell opulente und lebenserfahrene Absage ans Patriarchat und an Geschlechternormen ist vielschichtig, gewitzt und böse. Auch, weil Barbie ihre Seele entdeckt und sich traut, auf den Perfektionismus zu pfeifen. Das hat ihr Gerwig auf den Leib geschrieben. Denn: "Ich war zum Glück nie gut im Perfektsein", gestand sie der "Zeit".