SENECA
Bewertung: ***
Der dauerschwätzende römische Philosoph mit Riesenego, Lucius Annaeus Seneca, soll das brutal herrschende Riesenbaby Nero Moral lehren. Das Ende ist bekannt: Der Kaiser verurteilt den Hauslehrer zum Tod durch Suizid. Robert Schwendtke inszeniert das als große, garstige Groteske mit viel Blut, süffisanten Monologen,
Cicero-Zitaten, präsidialen Tweets und Festival-Ausgelassenheit à la Burning Man. Das ergibt großartige Bilder und Momente, als Studie über Machtmissbrauch, Populismus oder Narzissmus funktioniert "Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben" nicht. Schlimm? Nein. Malkovich führt souverän ein tolles Ensemble mit u. a. Lilith Stangenberg, Tom Xander, Geraldine Chaplin an. (js)
MOLEKÜLE DER ERINNERUNG
Bewertung: ****
Faschingsdienstag 2020, die Karnevals-Gesellschaft verlässt Venedig. Ein paar Hartnäckige bleiben – in der Hoffnung, bald weiterfeiern zu können. Sie sähen aus wie "einsame Elektronen, die nach anderen Elektronen suchen", so beschreibt es Andrea Segre aus dem Off in seiner Doku. Er strandet am Beginn der Pandemie in der Heimatstadt seines Vaters, die ihm stets fremd gewesen ist. In den Tagen der seltsamen Leerung entdeckt er nicht nur die Stadt neu, sondern nähert sich auch seinem toten Physiker-Vater wieder an. Melancholische Bilder vom Verschwinden, Kommentare auf Tourismus und Hochwasser sowie Begegnungen mit den Gebliebenen machen "Moleküle der Erinnerung" zur zauberhaften Filmperle. (js)
DER SUPER MARIO BROS. FILM
Bewertung: ***
Kennerinnen und Kennern zufolge lastet auf Videospielverfilmungen ein Fluch. Einer, dem in der Vergangenheit auch schon die "Super Mario. Bros" zum Opfer gefallen sind. Nach einer spektakulär gescheiterten Realverfilmung dürfen die Installateur-Brüder Mario und Luigi drei Jahrzehnte später erneut mit Schnurrbart und in blauer Latzhose über die Leinwand sausen und springen, nun in computeranimierter Ausführung. Die ikonischen grünen Röhren werden zum Portal in fremde Welten: von New York wird das Duo schnurstracks ins magische Pilzkönigreich befördert. Dieses gilt es zu verteidigen, denn der schurkische Bowser hegt sinistre Absichten. Aus der narrativ wenig aufregenden Gaming-Reihe eine kohärente Geschichte zu zaubern, war merklich eine Herausforderung. Zum Glück wurde das an sich hauchdünne Plotgerüst mit charmant eingebetteten Retro-Referenzen und reichlich Liebe zum Detail veredelt. Zumindest für Nostalgie-Fans ist der Film von Aaron Horvath und Michael Jelenic ein Grund zur Freude. (pog)
AIR - DER GROSSE WURF
Bewertung: ****
DAS NEUE NORMAL
Bewertung: ***
Das Neue Normal. Lockdown-Lovestory – ein Genre, das uns hoffentlich nicht ewig begleitet. Im Gegensatz zu den Filmen von Martin Kroissenbrunner. In seiner leichtfüßigen, humor- und dialektlastigen steirischen Indie-Produktion "Das Neue Normal" erzählt er vom Erwachsenwerden inmitten einer Zeit sozialer Entbehrungen. Eine Grazer Dachterrasse mit Uhrturmblick wird zum Ort der Zuflucht für die bunte Haus- und Schicksalsgemeinschaft, dargestellt von Beatrix Brunschko, Paul Hassler, Lisa März, Jan Senn, Mike Maier etc. Es kommt zu Gspusis, echten Gefühlen, Freundschaften, Allerweltsdebatten, ideologischen Überwerfungen, Geheimnissen und Lebenslektionen. Erfrischend gut.