Krieg ist zutiefst menschlich. Die Natur kennt keinen solchen absichtsvollen Schrecken, nur indifferente Katastrophen. Dieser Kontrast zeigt sich in Adrian Goigingers drittem Film "Der Fuchs". Die Hauptfigur Franz ist als junger Motorradkurier in Hitlers Angriffsarmee auf dem Weg durch Frankreich. Als sich der Einzelgänger wieder einmal von der Truppe absondert, um im Wald ein Stück Frieden inmitten des Wahnsinns zu erleben, trifft er auf einen Fuchswelpen. Die Mutter hat gerade ein gewaltvolles Ende in einer Falle gefunden.
Franz weiß, dass das junge Leben des Tieres in seiner Hand liegt. Er entscheidet sich, es mitzunehmen. Auch ohne Sigmund Freud ist klar: Dabei spielt eine gehörige Portion Übertragung mit. Denn bevor das Publikum mit Franz in den Krieg zieht, lernt es ihn als kleinen Buben kennen. Nach wenigen Filmminuten und Lebensjahren wird er vom Vater (Karl Markovics) zu einem reichen Großbauern weggegeben, der ihn ernähren kann.

Der Schrecken dieser Armut ist zutiefst politisch. Das sommerliche Naturidyll des Pinzgauer Bergbauernhofes ist trügerisch, wenn der Bub nach Erdäpfeln sucht und sich noch nie satt essen konnte. Anders als die Berge in Goigingers letztem Film "Märzengrund", der kitschigen Felix-Mitterer-Vorlage geschuldet, ist das Alpine hier die emotionale Klammer einer größeren Lebensgeschichte. Diese ist nicht nur glaubhaft, weil Goigingers Urgroßvater sie erlebt hat. Sie berührt auch als verfilmte Kinogeschichte mithilfe des großartigen Hauptdarstellers Simon Morzé.

Auch in der historischen Welt gibt es Klischees und "Der Fuchs" streift sie durchaus, teilweise lassen sie den Film auch kurz taumeln. Doch vom Weg abbringen lässt sich der Regisseur dadurch nicht. Wie bei einem seiner Vorbilder Terrence Malick wird der Kitsch durch Wahrhaftigkeit gebannt. Der Fuchs war und ist echt, er kommt nicht aus dem Computer und wird von mehreren trainierten Tieren dargestellt.

Die Romanze mit der französischen Frau ist ebenso kein Drehbuch-Klischee, das erwartbar aufgelöst wird. Sie entstammt einer aufwendigen Recherche. Das macht den Unterschied zwischen dem Druck auf die Tränendrüse und dem Angebot für echte Gefühle aus.
Goiginger ignoriert das Publikum nicht. Im Gegenteil. Spannend zu erzählen, ist ihm wichtig. Dabei darf er für die Geschichte seines Urgroßvaters jedenfalls das Label der Nouvelle-Vague-Autorenfilmer für sich in Anspruch nehmen. Eine fruchtbare Kombination. Oder in Anlehnung an sein Hit-Debüt sozusagen die beste aller Welten.