Ticket ins Paradies
Bewertung: ***

Beide haben sich zuletzt rar gemacht auf der Kino-Leinwand. Nun kehren Julia Roberts und George Clooney in der braven RomCom "Ticket ins Paradies" retour: Sie spielen Ex-Eheleute, die sich nicht ausstehen können. Nur ihre Tochter Lily (Kaitlyn Dever) schweißt sie zusammen. Als sich diese auf Bali in den Algenbauer Gede (Maxime Bouttier) verliebt, heiraten und dort bleiben will, brechen beide umgehend Richtung Insel auf. Ihr Ziel: Die Hochzeit zu verhindern. Dafür greifen sie zu bösartigen Mitteln unter Palmen. Der britische Regisseur Ol Parker ("Mamma Mia 2") lässt Biss und Witz vermissen. Wie sich die Superstars in einer Partyszene zum Affen machen, ist lustig, die Kulisse betörend, der Plot aber ziemlich mau. (js)

Rubikon
Bewertung: ***

Sich beim Debüt an einen Science-Fiction-Film im Weltraum zu trauen, erfordert Mut. Das ist der Österreicherin Leni Lauritsch hoch anzurechnen. Gut aussehen tut "Rubikon". Das Production-Design (Johannes Mücke) ist schnittig und versteckt sein kleines Budget geschickt. Hannah Wagner (Julia Franz Richter), Gavin Abbott (George Blagden) und Dimitri Krylow (Mark Ivanir) befinden sich im Jahr 2056 auf der Raumstation Rubikon, als über die Erde eine Katastrophe hereinbricht. Eine giftige Wolke tötet fast jedes Lebewesen. Sollen sie helfen? Eine interessante Frage, die den Film aber in eine dramaturgische Pattstellung drängt. Es passiert zu wenig. Das, was nicht passiert, ist nicht fesselnd und komplex genug. (sg) Ein Interview mit der Regisseurin lesen Sie hier.

Alle reden übers Wetter
Bewertung: ***

Kleiner, feiner, deutscher Debütfilm: Clara (großartige Performance in der Hauptrolle: Anne Schäfer) promoviert zu Hegels Theorie der Freiheit und seinem Konzept von Familie. Der 60. Geburtstag ihrer Arbeiter-Mutter bringt sie mit ihrer 15-jährigen Tochter zurück zu ihren Wurzeln. Regisseurin Annika Pinske erzählt von dieser Rückkehr in die trostlose wie liebevolle Provinz. "Alle reden übers Wetter", uraufgeführt auf der Berlinale und Schlussfilm beim Crossing Europe in Linz, ist die Midlife-Crisis-Geschichte einer Frau, die ausgebrochen ist und die Suche nach sich selbst zum Lebensprinzip erhoben hat. Unaufgeregt, schmerzhaft, deutlich. (maw)

Women Do Cry
Bewertung: ****

Das-Regie-Duo Mina Mileva/Vesela Kazakova erzählt von drei Schwestern in Bulgarien: Die eine muss als Mutter daheimbleiben, weil ihr Mann es will. Die zweite (Maria Bakalowa, bekannt aus "Borat 2") wurde von ihrem verheirateten Lover mit HIV infiziert und die dritte liebt Frauen – ein Tabu in Bulgarien. Zorniges Drama mit lauten und leisen Tönen über mangelnde Frauenrechte in Bulgarien. Das Drama, zu sehen u. a. in Cannes sowie bei der Viennale im Vorjahr, skizziert, was Frausein in einem Land bedeutet, das sich weigert, die Istanbul-Konvention zu ratifizieren. (js)

Lieber Kurt
Bewertung: ***

Eine berührende Verfilmung des Bestsellers "Kurt" von Sarah Kuttner: Til Schweiger inszeniert die Geschichte einer Patchworkfamilie, deren Sohn bei einem Unfall auf dem Klettergerüst stirbt. Die Titeländerung in "Lieber Kurt" gibt schon die Perspektive der Erzählung vor. Während Kuttner sich auf die Emotionen der neuen Freundin (Franziska Machens) des Vaters als Beobachterin des Geschehens verließ, weitet Schweiger das Spektrum auf mehrere Bezugspersonen aus – und verdeutlicht die verschiedenen Arten der Trauerarbeit. Der polarisierende Filmemacher ist selbst als Vater zu sehen. Als Regisseur mixt er mit vielen Rückblenden Humorschnipsel mit leisen, traurigen sowie lauten, wütenden Momenten der Trauer. Peter Simonischek verkörpert einen weisen, zweifelnden Großvater, Jasmin Gerat die "funktionierende" Mutter. An manchen Stellen mit zu hohem Druck auf Tränendrüsen inszeniert, ist es zu begrüßen, dass ein Erfolgsproduzent dem Publikum ein Werk über eines der letzten Tabus schenkt: den Tod. (js)

Jeepers Creepers: Reborn
Bewertung: *

Eigentlich hätte es ein Versuch sein sollen, den Charme des ersten Films von 2001 wieder einzufangen. Doch der vierte Teil "Jeepers Creepers: Reborn" wirkt sogar, noch billiger und uninspirierter. Regisseur Timo Vuorensola sowie Drehbuchautor Sean Michael Argo haben hier exzessiv Genreklischee-Bingo gespielt. Jede Wendung, jede Dialogzeile hat man schon einmal woanders gehört oder gesehen. Die Cosplay-Fashionshow, in der Laine (Sydney Craven) für ihren Freund Chase (Imran Adams) sich als Freddy Krueger oder Harley Quinn verkleidet, lässt an bessere Filme denken, oder erinnert daran, wie auch diese Franchises immer sofort den Bach runtergehen. Zu der Handlung selber gibt es nicht allzu viel zu sagen. Wie in den Vorgängern wacht der Creeper (Jarreau Benjamin) alle 23 Jahre auf, um 23 Tage Menschen zu fressen. Dumm, dass Laine und Chase gerade jetzt in der Einöde auf einem Horrorfestival unterwegs sind. Als sie einen Trip zu einem vermeintlichen Escape-Room mit einem Kamerateam gewinnen, ist die Stunde des Creepers gekommen. Gefilmt vor einem allzu künstlich wirkenden Greenscreen, angereichert mit flachen Performances der Darsteller und einem dünnen Plot, qualifiziert sich der Film nicht einmal als Guilty Pleasure. (sg)

Dancing Pina
Bewertung: ****

Pina Bausch galt als einer der bedeutendsten Namen der Welt des Tanzes. 2009 starb die Choreografin im Alter von 69 Jahren – und hinterließ ein gewaltiges Erbe. Wie sehr die revolutionären Praktiken der gebürtigen Deutschen den zeitgenössischen Tanz beeinflussten, das beweist Regisseur Florian Heinzen-Ziob eindrücklich mit seiner neuen Doku. Anhand von zwei Tanzprojekten, die sich auf unterschiedlichen Kontinenten erstrecken, wird das Lebenswerk von Bausch in ein anderes Licht gerückt. Klassische Elemente treffen auf kontemporäre Formen des Tanzsports. In Dresden wird ihr Schaffen von einer Ballettgruppe neu interpretiert, im Senegal werden die Choreografien mit Versatzstücken traditioneller afrikanischer Tänze vermengt. Die Tanzdokumentation verblüfft mit atemberaubend eingefangenen Aufführungen, die rohe, ungebändigte Emotion zum Ausdruck bringen. (pog)

Die Küchenbrigade
Bewertung: ***

Bis vor Kurzem war Cathy Marie (Audrey Lamy) in einem renommierten Haubenrestaurant angestellt. Nach einem Streit mit ihrer Vorgesetzten verliert die ausgebildete Köchin ihre Stelle und muss auf einen Arbeitsplatz ausweichen, der der Grantlerin so gar nicht in den Kram passt: ein Heim für junge Migranten. Trotz aller Vorbehalte finden die Kochkünste der 40-Jährigen Anklang bei ihren wissbegierigen Schützlingen – und sie selbst schöpft neue Lebenskraft aus der Arbeit mit den Jugendlichen. Die herzhafte Culture-Clash-Komödie von Louis-Julien Petit punktet mit erfrischender Leichtigkeit, die den Ernst der Grundthematik aber zu keiner Sekunde außer Acht lässt. Lässiges Wohlfühlkino mit klarer Haltung zu Asylpolitik. (pog)

Moonage Daydream
Bewertung: ****

Rauschhafte Hommage an David Bowie (1947- 2016): Der in Cannes uraufgeführte Film startet in den Weiten des Universums, mit Aufnahmen vom Mond. Eine Ansage. "Moonage Daydream" ist kein gewöhnliches Musikerporträt, es ist größer angelegt, sprengt die Grenzen, wie es einst David Bowie tat. Der Künstler, der mit seiner Androgynität Ende der 1960er wie ein Alien auf der Erde wirkte. Die Doku ist eine feierliche, narkotisch-bunte Montage aus Archivmaterial, gut aufgelegten Fans, die seine Frisuren mehr schlecht als recht kopierten, fantastischen Interview-Sequenzen, Bowies experimenteller Videokunst, Filmszenen und Bühnenarbeiten. Seine innere, chamäleonhafte Zerrissenheit wird auffällig mit eingefärbten Bildern von Atombomben oder einem Best-of seiner Videos von dessen Bühnenfiguren wie Ziggy Stardust oder Major Tom visualisiert. 144 Minuten – ein Rausch der Farben und Klänge. (js)