Wer den Überblick zu allen Superhelden-Filmen im Marvel-Universum behalten will, braucht längst selbst übernatürliche Kräfte. Die Rezensionsseite "Rotten Tomatoes" kommt auf satte 34 Titel, ein stattlicher Filmmarathon. Noch komplizierter wird es, wenn es um den Teenager Peter Parker geht, der als "Spider-Man" von Haus zu Haus fliegt - und ab Freitag mit einem Film aus dem Vorjahr wieder in den Kinos landet.
Über ihn kamen seit 2002 acht Spielfilme in die Kinos, aber nicht alle zählen zum Marvel-Universum. Erst seit Neuestem tummelt er sich auch in den "Avengers"-Filmen, dabei hätte die zuletzt vom Briten Tom Holland verkörperte Figur spätestens seit 2021 solche Zusatzpromotion gar nicht mehr nötig. Mit "Spider-Man: No Way Home" gelang im Vorjahr ein Superhit, der weltweit 1,9 Milliarden Dollar einspielte - Platz 1 in den Jahrescharts und ohne Inflationsbereinigung der sechsterfolgreichste Film der Geschichte, schreibt "Box Office Mojo".
Nach nur neun Monaten kommt nun eine "More Fun Stuff Version" in die Kinos, elf Minuten länger und vor allem um Hintergrund zu den Figuren und sympathische Albernheiten in den Alltagsszenen erweitert. Das sorgt für eine entscheidende Frage: Ist das nur etwas für Fans oder lohnt sich auch der Wiedereinstieg für Menschen, die ein paar Filme ausgelassen haben?
157 Minuten
Der grundsätzliche Plot des nun 157 Minuten langen Films ist gleich geblieben: Zu Beginn ist Peter Parkers Identität als der Typ im Spinnenkostüm enttarnt und das bringt nicht nur ihm Nachteile. Seine beiden Freunde erhalten Absagen ihrer Wunsch-Unis - wer will schon Superhelden und Bösewichte den Campusbetrieb stören lassen? - und Peter überlegt, wie er ihnen eine zweite Chance verschaffen kann.
Er wendet sich an Doctor Strange (Benedict Cumberbatch), damit dieser einen Zauber ausspricht, um die Welt vergessen zu lassen, wer hinter Spider-Man steckt. Doch der Versuch geht schief, es öffnet sich ein neues Multiversum und nicht nur Bösewichte aus anderen Universen kommen in Hollands Spiderman-Welt zu Besuch - plötzlich stehen da auch alternative Spider-Man-Versionen der früheren Filme, gespielt von Tobey Maguire und Andrew Garfield.
Die Prämisse schnurrt gerade zu Beginn gut vor sich hin und besonders die ersten 40 Minuten bieten nun lockere Lacher, bevor einige der Herausforderungen durch die Bösewichte etwas arg willkürlich geraten. Nicht in jeder der spektakulären Kampfszenen ist klar, unter welchen Bedingungen sich Parker und seine Freunde gegen die Angriffe wehren müssen, das Mitfiebern leidet. Wie meist bei Marvel hat außerdem auch "Spider-Man" ein Frauenproblem, selbst wenn Zendaya und Marisa Tomei aus ihren Rollen das Maximum rausholen.
Und doch wird nach und nach klar, warum dieser Film ein solcher Hit ist: Da ist zum einen die grundsätzliche Stärke der Figur, schließlich bietet kaum ein anderer Marvel-Held so viel Identifikationsfläche wie der Durchschnittsbursche, der im High-School-Alltag an sich zweifelt und jedes Mal aufs Neue lernen muss, dass viel Macht immer auch viel Verantwortung bedeutet. Dann ist da aber auch die besondere Kraft von Tom Holland, der auch emotionale Szenen glaubhaft trägt und dessen Dreier-Zusammenspiel mit den Ex-Spider-Men pures Popcorn-Kino-Gold ist.
Die nun rein geschnittenen zusätzlichen Szenen helfen, die Balance zwischen Humor, Action und Emotion noch besser zu halten, und so steht am Ende fest, dass sich "No Way Home" auch für diejenigen lohnt, die zuletzt einen Maguire-"Spiderman" gesehen haben. Noch immer ist da einfach genug Unterhaltendes und leicht Nachdenkliches als Gegenpol zum Actionspektakel. Und die abschließende Lektion ist schließlich so zeitlos wie wiederholenswert: Es lohnt sich immer, das Gute zu tun - selbst wenn niemand sieht, wer da geholfen hat.