DER SOMMER MIT ANAÏS
Bewertung: ****
Anaïs ist das Chaos in Person. Hauptdarstellerin Anaïs Demoustier verkörpert ihre impulsive Figur mit so viel positiver Energie, dass einem bisweilen schwindelig wird. Stress mit Wohnung, Geld, Job und ihrem baldigen Ex-Freund samt ungewollter Schwangerschaft bringen sie nicht aus der Fassung. Wirklich Eindruck macht auf die Literatur-Dissertantin die Mitte-50-jährige Autorin Emilie (Valeria Bruni Tedeschi), die anders ist als sie – und dennoch seelenverwandt. Für einen Tanz mit ihr zu Kim Carnes’ "Bette Davis Eyes", setzt sie alles in Bewegung. Charline Bourgeois-Tacquet inszeniert, vor dem pittoresken Hintergrund der Bretagne, die Annäherung der beiden Frauen schwungvoll und leicht. Herrliche Sommerromanze mit Gewicht. (maw)
DER ENGLÄNDER, DER IN DEN BUS STIEG UND BIS ANS ENDE DER WELT FUHR
Bewertung: **
Der 90-jährige Tom macht sich noch einmal auf den Weg. 838 Meilen mit dem Pensionisten-Ticket vom nördlichsten Punkt Schottlands bis zu Land’s End im Südwesten der Insel. Er ist unterwegs auf den Straßen der Erinnerung an seine verstorbene Frau. Warum sie damals "so weit weg wie nur möglich" wollten, offenbart "Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr" erst gegen Ende. Gillies MacKinnon legt sein Roadmovie herzerwärmend, nett, aber konventionell an. Schauspiel-Legende Timothy Spall bewahrt den Film vor dem Kitsch. Die Regie hat das zartbittere Thema der lebenslangen Liebe nicht im Griff. Aber das Genre verzeiht viel. Der Busfilm ist nebenbei die beste Werbung für eine Reise mit den Öffis. (maw)
NOPE
Bewertung: ***
"Nope" ist ein Überraschungsfilm. Wer sich das Geheimnis nicht verderben will, sollte sich daher, was Vorabinfos betrifft, eher am Titel orientieren. Auch wenn sich der Trailer überaus kryptisch gibt: Die dritte Regiearbeit des 43-jährigen Oscarpreisträgers Jordan Peele hat vor dem Amerika-Start Ende Juli hohe Erwartungen und viel Hype erzeugt.
Doch wie es mit Erwartungen so ist, liegt darin auch ein falsches Versprechen nach Wiederholung des Bekannten. Genau das befriedigt Peele bei seinem dritten Streich nicht im Guten wie im Schlechten. In bester Arthouse-Manier und ausgestattet mit einem mittleren Sommerblockbuster-Budget von knapp 70 Millionen Dollar, steht er nur noch mit einem Fuß im Horror-Genre, das er sich mit seinem Debüt "Get Out" ebenso politisch wie innovativ zu eigen gemacht hatte. (maw) Eine ausführliche Kritik lesen Sie hier.
NAMASTE HIMALAYA
Bewertung: ***
Die Globetrotter Anna Baranowski und Michael Moritz sind per Eigendefinition in der Welt zu Hause – in Zugabteilen der Holzklasse, in den Autos Fremder, die sie mitnehmen, bei mongolischen Nomaden oder in entlegenen Gegenden. Dann kam dem Paar auf Weltreise die Corona-Pandemie dazwischen. Sie stranden an einem kleinen Dorf am Fuße der Achttausender in Nepal. Mit der Kamera dokumentieren sie gemächlich ihren Selbstfindungstrip sowie das Einfinden und Zuhausewerden in der Gemeinschaft. Ein Reisefilm, der von guter Laune der Interviewten, ehrlichen Eindrücken, selbstironischen Kommentaren und sonnendurchfluteter Landschaft begleitet wird. Und akutes Fernweh stillt. (js)