Sein absurder Slapstick ist einzigartig, sein Kiwi-Akzent unverkennbar, die Crème de la Crème der Industrie liebt ihn. Ob nun als Regisseur oder Schauspieler: Taika Waititi gehört momentan zu den gefragtesten Namen Hollywoods. Mit „Thor: Love and Thunder“ begibt sich der gebürtige Neuseeländer schon zum zweiten Mal in die bombastischen Sphären des Marvel-Kosmos. Dabei begann die Karriere des Berufsexzentrikers einst sehr klein. Als Sohn einer jüdischen Lehrerin und eines Künstlers indigener Herkunft wuchs der als Taika David Cohen geborene Māori im abgelegenen Osten des Inselstaats auf. Für ein Theaterstudium zog es den Eigenbrötler später in die Hauptstadt Wellington. Während seiner Studienzeit war er Teil eines mehrköpfigen Comedy-Ensembles, dem auch sein späterer kreativer Partner Jemaine Clement angehörte. Nach ersten Erfolgen in der heimischen Stand-Up-Szene wandte er sich seiner zweiten Leidenschaft zu: dem Filmemachen.
2005 gelang ihm der erste große Coup. Für seinen Kurzfilm „Two Days, One Night“ erhielt der damals 30-Jährige eine Oscar-Nominierung – es sollte nicht die letzte sein. Das Langfilmdebüt ließ nicht lange auf sich warten, 2007 erreichte die romantische Komödie „Eagle vs Shark“ die neuseeländischen Kinos. Drei Jahre später folgte mit „Boy“ die zweite und bis heute persönlichste Spielfilmarbeit, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung galt die Tragikomödie als der erfolgreichste Film Neuseelands. Über die Landesgrenzen hinaus blieb Waititi vorerst trotzdem wenig bekannt, da hat auch eine Nebenrolle im viel belächelten „Green Lantern“-Film (2011) kaum geholfen. 2014 stand dann endlich der internationale Durchbruch bevor. Mit der Mockumentary „5 Zimmer, Küche, Sarg“ erfüllte sich der Regisseur in Zusammenarbeit von Jemaine Clement ein Traumprojekt. Das irrwitzige Konzept einer WG, die einen Haufen exzentrischer Vampire beherbergt, fand weltweit Anklang – die Angebote wurden größer. Für die Abenteuerkomödie „Hunt for the Wilderpeople“ (2016) konnte er sich gleich Hollywood-Star Sam Neill als grantigen Witwer angeln. Man staunte nicht schlecht, als der aufstrebende Indie-Filmemacher plötzlich als Regisseur für den dritten „Thor“-Film angeheuert wurde – eine glattpolierte Hollywood-Produktion war weit entfernt von den bisherigen Arbeiten des Querkopfs.
Waititi blieb aber seiner Linie treu, das große Blockbuster-Geld und den neu entdeckten Ruhm verwendete er, um ein langjähriges Wunschprojekt zu finanzieren. In der selbstbetitelten Anti-Hass-Satire „Jojo Rabbit“ nahm er in Tradition von Lubitsch, Chaplin und Brooks die nationalsozialistische Propaganda des Dritten Reichs aufs Korn. Waititi selbst schlüpfte in die Rolle von Regimeführer Adolf Hitler – zumindest die Karikatur des Dikators, die dem jungen Protagonisten immer wieder als imaginärer Freund erscheint. Der Film erwies sich trotz der kontroversiellen Thematik als großer Erfolg und erhielt sechs Oscar-Nominierungen – der Regisseur selbst nahm die Drehbuch-Auszeichnung mit nach Hause.
Nach Ausflügen ins Serienfach und vereinzelten Schauspiel-Gigs („Free Guy“) kehrte der quirlige Kerl ins einengende Marvel-Universum zurück. Seit letzter Woche flimmert der vierte „Thor“-Film über die Leinwände – bisher mit großem Erfolg. Im kommenden Jahr kehrt er mit der prominent besetzten Fußball-Komödie „Next Goal Wins“ zu seinen polynesischen Wurzeln zurück. Die Mainstream-Anerkennung Taika Waititis mag steigen, doch sein kreativer Geist bleibt weiter bestehen. Ein Hoch auf diesen Wunderknaben!
von Christian Pogatetz