Was hat Sie bewogen, „The Midnight Sky“ (Netflix) zu produzieren, Regie zu führen und die Hauptrolle zu spielen?
GEORGE CLOONEY: Hauptbeweggrund war die Frage, warum wir Menschen unseren blauen Planeten zerstören. Die Handlung spielt auf zwei Ebenen, einmal im Weltraum und das andere Mal auf der Erde. Ich verkörpere den Astronomen Augustine Lofthouse, der nach einer globalen Katastrophe in der Arktis zurückgeblieben ist. Augustine findet ein siebenjähriges Mädchen, das sich bei der Evakuierung versteckt hat. Eine Herausforderung war, einem Mädchen, das noch nie in einem Film mitgespielt hat, Regieanweisungen zu geben und gleichzeitig mit ihm vor der Kamera zu arbeiten.
Das Drehbuch basiert auf dem Roman „Good Morning, Midnight“ von Lily Brooks-Dalton. Was nicht im apokalyptischen Buch vorkommt, ist die Schwangerschaft der Missionsleiterin Sully, die von Felicity Jones verkörpert wird.
GEORGE CLOONEY: Geplant war die Schwangerschaft in „The Midnight Sky“ auch nicht! Aber Anfang Oktober ruft mich Sully-Darstellerin Felicity Jones an und verkündet, sie ist schwanger. Meine erste Reaktion darauf: „Gratuliere – und schöner Mist!“ Felicity filmte im Oktober noch nicht. Ihre Dreharbeiten waren für Anfang Jänner vorgesehen und zu dem Zeitpunkt würde man ihr Bäuchlein nicht mehr kaschieren können.
Zu welcher Lösung sind Sie gekommen?
GEORGE CLOONEY: Je mehr ich mit meinem Co-Produzenten Grant Heslov darüber diskutierte, desto besser gefiel uns die Idee der Schwangerschaft im Weltall. Astronauten sind zwar im Weltall, aber Menschen bleiben sie und da kann schon einmal eine Schwangerschaft passieren. Wir entwickelten sogar einen eigenen Ultrasound-Apparat. Was ich besonders emotional finde, ist die Stille im Weltraum und parallel dazu die Stille auf der anderen Leitung. Die wird erst gebrochen, als der Ultrasound-Apparat den ersten Herzschlag wiedergibt. Das hat in mir das Gefühl ausgelöst: Gott ist viel näher, als wir denken!
Erinnern Sie sich daran, als Sie zum ersten Mal im Ultraschall Ihre Babys sahen?
GEORGE CLOONEY: Beim ersten Mal hat mich der Arzt irritiert. Es ist ein Mädchen. Nach einigen Minuten meinte er: Es ist ein Bub. Bitte schön, was ist es jetzt konkret? Sie können sich meine Irritation vorstellen. Es ist schließlich das erste Mal, dass ich Vater wurde, und auf Witze war ich nicht eingestellt. Auf Zwillinge war ich allerdings auch nicht vorbereitet.
Wie war es, den ersten Herzschlag zu hören?
GEORGE CLOONEY: Auch der überraschte mich beim ersten Mal, weil ich ihn wie ein lärmendes Monster empfand. Ich verspreche Ihnen: In „The Midnight Sky“ pocht das Herz weitaus angenehmer.
Sie erwähnen die Stille im Weltall. Wie gehen Sie mit Stille und Alleinsein um?
GEORGE CLOONEY: Also, seit ich Vater zweier Kleinkinder bin, gibt es weder das eine noch das andere. Momentan ist Töpfchentraining angesagt – für die Kinder gut, für mich dagegen weniger.
Teilen Ihre Kinder die Begeisterung für das Weltall?
GEORGE CLOONEY: Mein Sohn Alexander schon. Er spricht den ganzen Tag davon, dass er eines Tages zum Mond fliegt. Bei den Dreharbeiten durften meine Kinder im Raumschiff sitzen und Alexander hat es geliebt. Meine Tochter dagegen spielt lieber mit ferngesteuerten Autos. Sie liebt die absolute Kontrolle. Glaubt auch, dass sie tatsächlich Auto fährt, und rast wie eine Rennfahrerin.
Im Film verkörpern Sie einen 78-jährigen krebskranken Mann. Welche Betrachtungen stellen Sie zum eigenen Älterwerden an?
GEORGE CLOONEY: Ich werde heuer 60. Muss mich erst daran gewöhnen, die Zahl über die Lippen zu bringen! Ich sehe das so: Es gibt Menschen, die in den Urlaub fahren und vom ersten Tag bis zum letzten Tag des Urlaubs die Tage zählen. Dann gibt es wieder Menschen, die jeden Tag auf sich zukommen lassen und bis zur letzten Minute den Urlaub auskosten. Ich persönlich halte nicht viel davon, die Jahre des Lebens zu zählen. Es gilt, das Leben zu genießen und so lange wie möglich gesund zu bleiben.
Wie sieht Ihr Alltag in der Pandemie aus?
GEORGE CLOONEY: Nach den Dreharbeiten sind wir nach Los Angeles geflogen und wir leben zu viert in meinem Haus. Es ist richtig häuslich. Amal und ich kochen jeden Abend und bis jetzt ist uns auch nicht der Gesprächsstoff ausgegangen – da habe ich wirklich die richtige Frau gewählt. Die größte Umstellung sind die Kinder. Die haben mich aus meinem Büro ausquartiert und es als ihr Spielzimmer in Beschlag genommen. In der Pandemie bin ich wieder zum Heimwerker geworden, habe Zeit für Reparaturen und restauriere die Möbel. Ein echt gutes Gefühl.
Weihnachten steht vor der Tür. Wie werden Sie heuer den Heiligen Abend verbringen?
GEORGE CLOONEY: Wir werden nur zu viert feiern. Leider können meine Eltern nicht mit uns feiern. Da denke ich verstärkt daran, wie wichtig es ist, Zeit mit Menschen zu verbringen, die man liebt. Weihnachten, hat mein Vater betont, ist nicht nur ein Fest der Familie. Wir als Menschheit sind eine Familie. Am Heiligen Abend ging meine Familie von Haus zu Haus und wir beschenkten fremde Familien. Wir besaßen damals selbst nicht viel. So habe ich das Geld für Geschenke mit Rasenmähen, Blätter-Einkehren und dergleichen verdient. Die Freude in den Gesichtern von Menschen ist das schönste Weihnachtsgeschenk.
„The Midnight Sky“ ab 23. Dezember auf Netflix
Von Barbara Gasser