Disneys zugekaufter Animationszweig Pixar ist dem Anschein nach auf Oscars abonniert. Kürzlich gab es für „Toy Story – Alles hört auf kein Kommando“ die begehrte Trophäe bereits zum zwölften Mal. Und schon naht der neueste Pixar-Streich. Nach zwei großen Präsentationen im Bewerb „Berlinale Special“ läuft am 5. März „Onward – Keine halben Sachen“ in unseren Kinos an. Produzentin Kori Rae (u. a. „Monster AG“, „Monster Uni“, "Oben", "Toy Story 2") weiß darüber viel zu erzählen.
Wie lange haben Sie an „Onward“ gearbeitet?
KORI RAE: Sechs Jahre, nachdem die erste Idee da war.
Wie verläuft der bei einem Team von Animationsfilmern der allererste Tag?
KORI RAE: Bei Schriftstellern ist es so, dass sie vor einem leeren Blatt Papier sitzen und auf die Erleuchtung warten. Ein Animationsfilm-Team hingegen sitzt innerhalb von vier weißen Wänden und wartet auf Selbiges.
Wie viele Leute sind damit beschäftigt?
KORI RAE: Rund 350.
Was tun Sie, damit die Fantasie nicht über das Ziel schießt?
Wir können zum Beispiel unendlich viele Charaktere erfinden. Also beginnen wir pragmatisch und fragen uns: Wie viele brauchen wir wirklich?
In „Onward – Keine halben Sachen“ führen Sie den Zuschauer nach New Mushroomton, in ein Reich der Magie. Oder doch nicht?
Mit „oder doch nicht“ liegen Sie richtig. Früher war dort die Welt voller Zauberei und Magie. Aber heute verbringen dort Elfen, Zwerge, Riesen, hyperaktive Haustier-Drachen, wenig glamouröse Einhörner und andere Fabelwesen völlig normal und recht fad ihren Alltag – weil all die Magie mit dem Einzug der modernen Technik immer mehr verschwindet und in Vergessenheit gerät. Handys, Autos und so weiter.
Irgendwie muss es dann aber zu „menscheln“ beginnen?
Das setzt mit dem Schicksal der Brüder Ian und Barley Lightfoot ein. An Ians 16. Geburtstag führt ein Geschenk des verstorbenen Vaters die beiden auf eine ungewöhnliche Reise, bei der sie herausfinden wollen, ob es nicht doch noch ein wenig echte Magie gibt, die vielleicht ein lang ersehntes Wiedersehen mit dem toten Vater möglich macht. Nicht alltäglich: In Animationsfilmen stehen üblicherweise Mädchen im Mittelpunkt, hier aber sind es zwei Burschen.
Wie läuft es bei Animationsfilmen mit den Schauspielern, die dann im Film die diversen Charaktere sprechen. War zum Beispiel bei Woody aus „Toy Story“ von Anfang an Tom Hanks gedacht?
Die Charaktere werden ganz eigenständig entwickelt. Erst dann fragen wir uns, welche Stimme am besten dazu passen könnte. Danach lassen wir die ausgewählten Schauspieler mehrmals die vorgeschriebenen Texte lesen, und schließlich fordern wir sie auf: „Macht es jetzt so, wie ihr es selbst am liebsten machen würdet!“ Das funktioniert immer sehr gut.
Passiert es, dass Material weggeworfen wird und alles neu erarbeitet werden muss?
Ja, das passiert. Häufiger, als man denkt. Wenn bei den internen Vorführungen jemand zu gähnen beginnt, wissen wir: Das war nichts. Selbst, wenn wir schon Wochen daran gearbeitet hatten. Dann heißt es: Alles noch einmal von vorne! „Gut“ allein ist für uns nicht gut genug. Besser ist besser.
Ludwig Heinrich