Manche behaupten ja, dass die Golden Globes die feurigere kleine Cousine der Oscars sind. Im 77. Jahr der Awards, die als Preise für Kinofilme und Fernsehsendungen gelten, müsste man dezidiert den Begriff Streamingdienste bei der Namensgebung jener Preise hinzufügen, die von knapp 100 Mitgliedern der Auslandspresse vergeben werden.
Denn mit 34 Nominierungen dominiert der Streamingriese Netflix die Nominierungen. Ein Novum. Insbesondere im Filmsektor. Noah Baumbachs Netflix-Scheidungsdrama „Marriage Story“ führt mit sechs Nominierungen das Favoritenfeld an, auch die Netflix-Produktionen „The Irishman“ von Martin Scorsese (5 Nominierungen) oder die Papst-Satire „The Two Popes“ von Fernando Meirelles (4 Nominierungen) rittern um die Weltkugeln.
2019 hat der Streamingdienst, der in den letzten Jahren den Seriensektor neu aufgezäumt hat, in große Namen in Hollywood investiert und sich somit schon vor der Gala in der Nacht auf Montag vergoldet. Dem Ruf als Oscar-Vorbote werden die Golden Globes mitunter übrigens nur bedingt gerecht. Im Vorjahr ging das Dick Cheney-Biopic „Vice“ sechsfach nominiert ins Globe-Rennen (ein Preis) und holte sich trotz achtfacher Oscar-Nominierung nur einen Goldbuben ab – jenen für Make-up und Frisur.
Die Filme mit den meisten Nominierungen:
Der emotionale Favorit: Marriage Story
2019 war das Jahr des Adam Driver – neben „Star Wars“, „The Report“ und „The Dead Don’t Die“ hatte der Schauspieler seine berührendste Performance in Noah Baumbachs Liebes- und Entliebungsgeschichte „Marriage Story“. Ein kleiner Film der großen Emotionen und der Globes-Favorit mit sechs Nominierungen: bester Film (Drama), Regie, Buch, beste männliche und weibliche Hauptrolle, beste weibliche Nebenrolle.
Mammutprojekt: The Irishmahn
Der Oscar-Preisträger Martin Scorsese konnte das Geld für sein 209-minütiges Mafia-Epos „The Irishman“ mit Robert De Niro, Joe Pesci und Al Pacino nicht auftreiben, also sprang Netflix als Geldgeber für die aufwendige Verjüngung der Hollywood-Granden ein. Fünf Nominierungen: bester Film (Drama), Regie, Drehbuch, männliche Haupt- und Nebenrolle.
Die analoge goldene Ära: Once upon a Time ... in Hollywood
Als Regisseur blieb Quentin Tarantino bei Oscars und Globes unvergoldet, nur als Autor geehrt: Mit „Once upon a Time ... in Hollywood“ schenkte er dem Publikum einen ungemein erfolgreichen Film über die goldenen 1960er – analog gedreht. Fünf Nominierungen: bester Film (Komödie), Regie, Drehbuch, männliche Haupt- und Nebenrolle.
Serien mit den meisten Nominierungen
Ablöse im Thronsaal: Die bei Auszeichnungen erfolgsverwöhnte Serie „Game of Thrones“ hat mit ihrer letzten Staffel heuer nichts zu melden. Zumindest einer könnte seine Rolle vergolden: Kit Harington ist als „Bester Hauptdarsteller in einem Drama“ für seine Rolle als Jon Snow nominiert. Ein fulminantes Comeback schafft Jennifer Aniston, die mit „The Morning Show“ als beste Hauptdarstellerin in einem Drama nominiert ist. Insgesamt drei Nominierungen kassiert Apple TV+ damit zum Einstand im Streaminguniversum. Ein Erfolgsgarant für Netflix ist die royale Serie „The Crown“ (vier Nominierungen), auch das Vergewaltigungsdrama „Unbelievable“ ist drei Mal nominiert.
Sie hat so oder so gewonnen: Fleabag
Bereits bei den Emmys im September hat Phoebe Waller-Bridge abgeräumt. Dass drei Globes winken, wen überrascht das? Das Multitalent hat das Drehbuch zu beiden Staffeln von „Fleabag“ (Amazon Prime) geschrieben und spielt die Hauptrolle: eine schräge Londonerin mit Sexsucht und vielen emotionalen Altlasten. Man liebt oder hasst sie.
Meryl Streep auf Rekordkurs: Big little Lies
Kidman, Witherspoon, Dern, Kravitz und in der zweiten Staffel auch noch Meryl Streep. Mehr Stars in einer Serie geht kaum. Wobei Letztere in der HBO-Produktion, die auf Sky zu sehen ist, alle darstellerisch überflügelt: als scheinbar verständnisvolle Schwiegermutter. Golden-Globe-Nominierung Nummer 34 – ein Rekord!
Freund? Feind? Familie! Succession
Er geht, nein, er geht nicht! Logan Roy ist der uneingeschränkte Herrscher eines globalen Medienkonzerns. Seine vier Kinder, alle mehr oder weniger schwer emotional angeschlagen, rittern um die Nachfolge. Doch der Patriarch ist der beste aller Strippenzieher. Drei Nominierungen für die zweite Staffel der HBO-Serie, die Familiendrama und Medienpsychogramm ist.
Ganz nah an der Katastrophe: Chernobyl
Nicht nur einmal möchte man als Zuschauer laut rufen: Nicht hineingehen! Gleich drei Darsteller, darunter Emily Watson, sind für ihre Rollen nominiert. Das HBO-Drama, bei uns auf Sky zu sehen, zeigt das, wofür in den Geschichtsbüchern oft kein Platz ist: Es verknüpft die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl mit den menschlichen Schicksalen.