Ab Freitag sind Sie im Anti-Weihnachtsfilm „Glück gehabt“ zu sehen. Hatten Sie denn Glück mit dieser Rolle?
Philipp Hochmair: Enorm. Weil da etwas rausgekitzelt wurde, was ich so von mir so schnell gar nicht preisgegeben hätte. Es wird ein Aspekt von mir provoziert, der mir davor gar nicht so bewusst war. Ich stilisiere mich ja selber gern zum Mephisto, zum Dorfrichter Adam, zum wilden Jedermann-Rockstar, und da ist auf einmal ein ganz kontemplativer, zufriedener Mensch, und das finde ich rührend zu sehen. Diese Ruhe und Selbstzufriedenheit habe ich selber nicht, aber Regisseur Peter Payer hat das sehr geschickt rausgekitzelt.
War es schwierig, einmal nicht die Rampensau zu mimen?
Philipp Hochmair: Ganz im Gegenteil, ich habe mich sehr wohlgefühlt. Der Film ist mir recht leicht von der Hand gegangen. Peter Payer hat alles sehr sensibel erzählt. Er kann seine Ruhe gut auf andere übertragen. Ich bin ja vom Naturell eher dynamisch und fordernd. Aber Artur, meine Rolle in „Glück gehabt“, ist erst einmal ganz zufrieden und vor allem selbstgenügsam. Diese Temperatur anzunehmen war ein tolles Erlebnis.
Auf Facebook gibt es einen Clip, in dem Zuschauer nach dem Film befragt wurden, und alle waren verunsichert, was das jetzt genau war. Welcher Film ist denn „Glück gehabt“ für Sie?
Philipp Hochmair: Ganz provokant würde ich sagen, es ist ein Heimatfilm mit mehreren Morden. Oder eine romantische schwarze Liebeskomödie. Das Paar geht gestärkt aus der Krise hervor, der Held hat etwas erlebt, eine Reifung durchgemacht und wird wieder zum Zeichenkünstler.
Beim Zuschauen weiß man nie: Soll man diesen Artur jetzt abbusseln, umarmen, schütteln oder ohrfeigen. Macht dieses Verwirrspiel Spaß?
Philipp Hochmair: Ja, das ist das Interessante an diesem Beruf, dass man eben nicht klare moralische Aussagen geben muss, sondern dass man Grauzonen ausloten darf.
Der Film entstand zur Gänze in Wien. Wie war das Heimspiel?
Philipp Hochmair: Darum meinte ich ja, es ist ein Heimatfilm. Er eröffnet neue Wien-Perspektiven. Wir drehten auf dem höchsten Kettenkarussell der Welt im Prater, das zum Beispiel kannte ich nicht. Es war spannend: Ich wurde durch ein mir unbekanntes Wien gewirbelt.
Sie kannten das berühmte Kettenkarussell wirklich nicht?
Ich habe so ein dynamisches Leben, dass ich mich mehr nach Wald als nach Karussell sehne.
Was machen Sie im Wald?
Philipp Hochmair: Riechen, hören, entspannen, zulassen, was da so ist – sich wieder besinnen. Ich verbringe viel Zeit im Wald, um meine Auftritte und Rollen zu verarbeiten.
„Glück gehabt“ war Ihr erster großer Film nach Ihrem umjubelten Einspringer als „Jedermann“.
Philipp Hochmair: Ja, und es war überhaupt der erste Film, bei dem ich in jeder Szene zu sehen bin. Diese Erfahrung, als Erster ans Set zu kommen und als Letzter zu gehen, und das über zwei Monate hindurch, hatte ich noch nie. Du gehst da in Arturs ausgelatschten Schuhen und mit dieser Umhängetasche in eine Welt hinein und bist ein anderer Mensch. Daneben ist nichts anderes möglich: kein Rockkonzert, kein Theaterstück. Du bist nur in dieser Rolle.
Bei unserem letzten Interview, kurze Zeit nach dem Sommer in Salzburg, haben Sie gesagt, dass Sie am Domplatz wieder zum Theaterschauspieler geworden seien. Reizt Sie denn das Burgtheater unter Martin Kusej?
Philipp Hochmair: Es war immer mein Traum, nach 25 Jahren exzessivem Theaterspielen in den Film einzutauchen. Ich spiele am Burgtheater weiterhin einmal pro Monat „Jedermann reloaded“ mit meiner Band „Die Elektrohand Gottes“, das ist meine Familie, meine Räuberbande, und die Arbeit hält meinen Theater-Spieltrieb frisch.
Themenwechsel: Gibt es Dinge in Ihrem Leben, wo Ihnen das Glück verwehrt geblieben sind?
Philipp Hochmair: Könnte ich jetzt so nicht sagen. Ich hätte gerne einmal einen Hund, einen schönen weinroten Labrador, aber das ist jetzt leider nicht möglich.
Finden Sie, dass wir in Österreich unser Glück verschmähen?
Philipp Hochmair: Leider ja, das ist eine sehr traurige Situation. Der Rechtsruck, geboren aus dem Irrsinn und der Angst, etwas zu verlieren. Was völlig sinnlos ist. Wenn man ein bisschen in der Welt herumkommt und erkennen darf, was wir hier an Stabilität und Luxus haben, dann ist das beschämend.