Jessica Hausners "Little Joe" wurde bereits bei seiner Weltpremiere in Cannes mit dem Preis für die beste Schauspielerin an Emily Beecham gewürdigt. Beim 10. Österreichischen Filmpreis, der am 30. Jänner in Grafenegg vergeben wird, kann die Psychoparabel nun nachlegen: Mit zehn Nominierungen geht das Werk als Favorit in die Gala, wie bei der Präsentation am Mittwoch in Wien bekanntgegeben wurde.
Insgesamt ist das Nominiertenfeld dieses Mal ein starkes Votum für das weibliche Filmschaffen, finden sich doch sowohl in der Sparte Regie als auch in jener des Besten Spielfilms ausschließlich Arbeiten, die von Frauen geschaffen wurden. "Little Joe" ist dabei in praktisch allen zentralen Kategorien mit im Rennen - von der Königssparte Bester Spielfilm über die Regie bis hin zu Drehbuch. Auch Cannes-Gewinnerin Beecham kann erneut auf die Trophäe für die beste Darstellerin hoffen.
Weitere Nominierte
Mit einem gewissen Respektabstand folgt mit sieben Nominierungen Marie Kreutzers Psychostudie "Der Boden unter den Füßen", die heuer im Wettbewerb der Berlinale stand und nun ebenfalls um den besten österreichischen Spielfilm konkurriert. Hinzu kommen Nennungen in den Sparten Regie für Kreutzer, Darstellerin für Valerie Pachner oder mit Pia Hierzegger und Mavie Hörbiger gleich zwei Nominierungen bei den Nebendarstellerinnen.
Das Trio der Nominierten für den besten Spielfilm komplettiert Sudabeh Mortezais Straßenstrichporträt "Joy", das insgesamt auf sechs Nominierungen blicken kann - darunter in den Kategorien Regie und Drehbuch für Mortezai oder Beste Darstellerin für Joy Anwulika Alphonsus. Auf ebenfalls sechs Siegchancen kommt "Nevrland", das Langfilmdebüt von Regisseur Gregor Schmidinger, darunter mit gleich zwei Eisen im Feuer bei den Nebendarstellern: Josef Hader und Wolfgang Hübsch.
Die Sparte der besten Hauptdarsteller teilen sich indes drei Schauspieler mit ihrer Leistung in Filmen, die nicht an der Spitze des Nominierungsreigens stehen, sondern je auf drei Nennungen kommen. Hier treten Georg Friedrich für seinen Part in der Komödie "Kaviar", Valentin Hagg für seine Rolle in der Heller-Biografie "Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein" sowie Tobias Moretti für seine Interpretation eines Boxtrainers in Hüseyin Tabaks "Gipsy Queen" gegeneinander an. Und schlussendlich gehen bei den Dokumentarfilmen vier Werke ins Rennen: "Bewegungen eines nahen Bergs" von Sebastian Brameshuber, "Erde" von Nikolaus Geyrhalter, "Gehört, gesehen - Ein Radiofilm" von Jakob Brossmann und David Paede sowie "Inland" von Ulli Gladik.
Aus der Reihe der Nominierten wählen nun die gut 500 Mitglieder der Akademie des Österreichischen Films die Sieger. Enthüllt werden die Gewinner 2020 wieder in Grafenegg, wo die Preisgala im jährlichen Wechsel mit Wien stattfindet. Die Regie bei der unter dem Nachhaltigkeitsmotto "Green Film" stehenden Show, die mit der Kategorie des besucherstärksten Films heuer auch eine neue Sparte aufweisen kann, wird dabei zum zweiten Mal Mirjam Unger übernehmen. Moderieren werden die Schauspielerin Salka Weber und der Regisseur Markus Schleinzer.
Selbstkritisch bezüglich des Außenauftritts der Akademie zeigte sich am Mittwoch Präsident Stefan Ruzowitzky. Nach der dezidiert politischen Verleihung 2019, bei der von den Proponenten auf der Bühne vielfach die damalige türkis-blaue Regierung ins Visier genommen wurde, habe es viel Zuspruch, aber auch Protest aus den eigenen Reihen gegeben. Schließlich bilde die Akademie zu Recht ein Spektrum an Mitgliedern ab, das von den "Klappe auf"-Aktivisten bis zu Christiane Hörbiger reiche. "Die Akademie als Institution will auch in Zukunft Haltung zeigen", stellte Ruzowitzky klar. Ziel müsse dabei aber sein, über der Parteipolitik zu stehen: "Das wird nicht einfach werden, da immer die Balance zu finden."