Er verkörperte das Porno-Lichtdouble in der Weihnachtsromanze „Tatsächlich Liebe“, prägte die britische Version von „The Office“, beeindruckt als gutmütiger Dr. Watson in der BBC-Serie „Sherlock“ und bleibt in „Der Hobbit“ unvergesslich: der britische Charakterkopf Martin Freeman, dem der Schalk unerschütterlich im bubenhaften Gesicht sitzt. Seine Spezialität: unscheinbare Rollen unvergesslich groß zu machen. Ab 30. August ist der 47-Jährige an der Seite von Diane Kruger im Thriller „Die Agentin“ von Yuvul Adler auf der Leinwand zu sehen. Er mimt den Mossad-Kontaktmann einer Agentin, die spurlos verschwindet. Im Telefoninterview antwortet Freeman gut gelaunt auf Fragen.

Sie verkörpern in „Die Agentin“ Thomas Hirsch, einen Spion, der mehr fade Büroarbeit leistet als draußen Feinde zu töten oder die Welt zu retten. Was hat Sie an dieser Rolle denn gereizt?

MARTIN FREEMAN: Dieser Film, scheint mir, kommt der Wahrheit der Spionage näher als die meisten Spionagefilme. Denn: Er hat sein eigenes Tempo, kommt ohne Kämpfe zwischen den Wänden, Action und Sex aus. Der Operateur ist wachsam und beobachtend. Die Gewaltszenen sind ziemlich schnell und dauern nicht lange. Es fühlte sich für mich wahr und richtig an. Das hat mich interessiert.

Die Film- und Fernsehlandschaft ist voller Agenten: Welcher ist Ihr Favorit?

Ich mag auf jeden Fall die Bond-Filme, habe aber auch gerne über Spione im wirklichen Leben gelesen. Ich fand das immer interessant: die Schatten, Geheimnisse und Lügen, mit denen sie konfrontiert sind. Auch als Schauspieler muss man lügen können. Wenn man seinen Job weniger gut macht als ein Agent, hat das allerdings mitunter weniger lebensbedrohliche Auswirkungen.

Hat Martin Freeman als Kind davon geträumt, Agent zu werden?

Nein, definitiv nicht. Als Bub wollte ich vieles werden, aber sicher kein Agent. Erst als Erwachsener interessierte mich das Thema. Es ist ein interessantes Konzept, aber viele Außendienstmitarbeiter oder Spione haben in Wahrheit wohl einen recht langweiligen Joballtag. Die meiste Zeit verbringen sie in Ministerien - und die kurzen Perioden der Aufregung und des nahen Todes eines Mörders draußen auf dem Feld sind von langen Perioden der Langeweile unterbrochen.

Man sieht das im Film: In sehr vielen Szenen sitzen Sie in Ihrem Bürosessel und trinken Kaffee. Wann finden Sie denn ein Drehbuch nur langweilig?

Beim Drehbuchlesen leitet mich mein Instinkt, der sich innerhalb von fünf Seiten festigt. Ist der Instinkt gut, lese ich weiter und werde vielleicht auf Seite 30 wissen, ob ich das Projekt machen möchte oder nicht. Langeweile bedeutet für mich nicht nur, dass etwas aus konventioneller Sicht langweilig erzählt wird, sondern auch, dass zu viel versucht wird, die Geschichte aufregender zu machen - das finde ich langweilig.

Diane Kruger und Martin Freeman
Diane Kruger und Martin Freeman © Filmladen

Dieser Film basiert auf dem israelischen Bestseller „The English Teacher“ von Yiftach Reicher Atir. Wenn es eine Buchvorlage gibt, wie ist dann das Verhältnis zwischen Buch und Drehbuch?

Meine Bibel ist immer das Drehbuch. Es ist lehrreich, ein Originalbuch zu haben. Aber letztlich arbeiten wir Schauspieler immer mit dem Drehbuch - egal, ob es sich um „Sherlock“, „The Operative“ oder „Hobbit“ handelt.

Dieser Film fokussiert sehr stark auf Close-ups der Gesichter. Ist das ein Segen oder mehr Fluch für einen Schauspieler?

Aus der Sicht des Charakters kann es ein Segen sein und aus der Sicht der Eitelkeit kann es ein Fluch sein. Als Zuschauer sollten Sie immer wissen, was in den Köpfen der Figuren vor sich geht, was sie denken, was die Motive sind. Es gibt aber genug Filme, in denen es kaum Nahaufnahmen gibt und du nur darum bittest, dass der Regisseur dir die Augen des Schauspielers zeigt. Persönlich kann es ein Fluch sein, sein Gesicht, das gerade älter wird, auf einer großen Leinwand zu sehen.

Bei einem Angebot: Würden Sie eine Rolle in einem Bond-Film annehmen?

Oh ja, absolut. James-Bond-Schurken sehen immer so aus, als hätten sie alle jede Menge Spaß. Das würde ich gerne machen.