Der Generationswechsel ist vollzogen: Zum ersten Mal ist die österreichische Regisseurin Jessica Hausner im Hauptbewerb der Filmfestspiele von Cannes. Sie zeigt ihr Drama "Little Joe" mit Ben Whishaw, Emily Beecham, Lindsay Duncan und Kerry Fox. Der von Kameramann Martin Gschlacht ins Bild gesetzte Film handelt in der nahen Zukunft und beschreibt unheimliche Vorkommnisse rund um das Thema Genmanipulation. "Sieht aus, als würde die Zukunft kein Rosengarten", so Festivalchef Thierry Fremaux bei der Präsentation der 19 Filme für den Hauptbewerb.

Das Thema von Hausners Science fiction-Drama, gedreht in Krems, Wien und Liverpool,  ist jedenfalls zutiefst unheimlich: In "Little Joe" geht von einer genetisch veränderten Pflanze ein unheimlicher Einfluss aus - alle lebendigen Wesen, die damit in Berührung kommen, wirken auf ihre Umgebung unheimlich verändert, fast als wären sie ausgetauscht. Das Drama beginnt mit der alleinerziehenden Gentechnikerin Alice
(Emily Beecham): Sie entwickelt eine neue Pflanzenspezies, die die Menschen glücklich macht. Eine der Blumen schenkt sie ihrem Teenagersohn Joe und nennt sie "Little Joe". Mit dem Wachsen der Pflanze keimt allerdings auch der Verdacht, dass das Gewächs nicht so harmlos ist wie gedacht. 

Hausner (46), die Tochter des Wiener Malers Rudolf Hausner, wurde mit Filmen wie "Lourdes", dem Thriller "Hotel" und dem Historiendrama "Amour fou" bekannt - letzteres lief in Cannes 2014 in der Nebenreihe "Un certain regard". Seither hatte Hausner keinen Film mehr gedreht - um nun mit einer internationalen Produktion ins Rampenlicht zurückzukehren.

Nach Michael Haneke und Ulrich Seidl repräsentiert sie nun die jüngere Generation österreichische Filmemacher in einem der wichtigsten Film-Wettbewerbe der Welt. Und sie ist dabei in bester Gesellschaft.  -Unter den 19 Wettbewerbsfilmen sind auch die neuen Werke etwa von Pedro Almodovar, der sein Melodram "Dolor y Gloria" an der Croisette vorstellt, Ken Loach mit "Sorry We Missed You", die Brüder Dardenne mit dem  Migrationsdrama "Young Achmed" oder Marco Bellocchio mit dem Mafia-Epos "The Traitor". Der 30-jährige Kanadier Xavier Dolan hat nicht
nur das Drehbuch für seinen Film "Matthias Et Maxime" geschrieben,
sondern auch die Hauptrolle übernommen.Eröffnet wird das Filmfestival heuer mit "The Dead Don't Die" von Jim Jarmusch.

Und noch ein Film mit Österreich-Bezug ist im Hauptbewerb des Festivals vertreten: US-Regisseur Terrence Malick stellt in Cannes seinen das Biopic "A Hidden Life" über den von den Nazis ermordeten oberösterreichischen Wehrmachtsverweigerer Franz Jägerstätter vor. Der Film mit August Diehl in der Hauptrolle versammelt eine ganze Riege internationaler Stars - angefangen mit dem jüngst verstorbenen Bruno Ganz bis zu Jürgen Prochnow, Michael Nyqvist und Matthias Schoenaerts. Und mit Tobias Moretti, Sophie Rois, Karl Markovics und Johannes Krisch sind auch österreichische Schauspiel-Stars im Film dabei.

Das Festival dauert heuer von 14. bis 25. Mai. Der  Internationalen Jury steht diesmal der mexikanische Filmemacher Alejandro Gonzalez Inarritu als Präsident vor. Fix eine Goldene Palme hat bereits Schauspiellegende Alain Delon inne. Der 83-Jährige erhält die Ehrenpalme. Mit dem diesjährigen Plakatmotiv ehren die Festivalmacher überdies die jüngst verstorbene Regieveteranin Agnes Varda. Das Sujet besteht aus einem Foto, das während des Drehs ihres Debütfilms "La Pointe Courte" entstand.

Festivaldirektor Thierry Fremaux (rechts) und Festivalpräsident   Pierre Lescure mit dem Plakat, das Filmemacherin Agnes Varda auf dem Rücken ihres Kamermanns zeigt
Festivaldirektor Thierry Fremaux (rechts) und Festivalpräsident Pierre Lescure mit dem Plakat, das Filmemacherin Agnes Varda auf dem Rücken ihres Kamermanns zeigt © AP