Ja, womit soll man bei Ihnen wirklich anfangen? Vielleicht bei der Herkunft. Die polnische Mutter deutet sehr auf Christin hin, der pakistanische Vater auf Moslem. Und diese Ehe ist immer gut gegangen?
NILAM FAROOQ: Absolut. Wir beten, jeder seine Gebete halt, und essen kein Schweinefleisch. Die beiden haben mich zu einem toleranten und weltoffenen Menschen gemacht.

Fängt man mit den Aktivitäten bei Youtube an, tut man Ihnen unrecht. Denn schon vorher hatten Sie eine Schauspieler-Ausbildung. Wie kam es also 2010/2011 zum Einstieg bei Youtube?
NILAM FAROOQ: Eine Karriere kommt eben oft nicht so schnell in Schwung. Vielleicht war es Langeweile, vielleicht Neugier.

Mit Ihrem Kanal Daaruum wurden Sie zu einer der deutschen Webvideo-Größen. Für Ihren Kanal haben Sie weit über 1000 Videos produziert und wurden mehr als 200 Millionen Mal aufgerufen. Die Frage haben Sie sicher schon unzählige Male gehört, aber bitte nun noch ein weiteres Mal: Was hat es mit der Bezeichnung Daaruum auf sich?
NILAM FAROOQ: „Darum“ ist mein deutsches Lieblingswort. Spricht es jemand aus, kann er total viel damit meinen – oder gar nichts. Die normale Schreibweise war bei Youtube leider schon vergeben, Zahlen wollte ich nicht anfügen, also habe ich ein doppeltes „a“ und ein doppeltes „u“ gewählt. Doch später wurde daraus einfach der Nilam-Kanal.

Sie haben Schminktipps gegeben, über Outfit- und Frisuren-Trends gesprochen, über gutes Essen, Sie haben schöne Reiseziele empfohlen. Das muss bei Ihren Follower-Zahlen ja ein sehr einträgliches Geschäft geworden sein?
NILAM FAROOQ: In den „Pionierzeiten“ ja, doch allmählich entwickelte sich alles immer mainstreamiger, der Kuchen wurde größer, aber die Stücke kleiner. Ich habe zweifellos gute Zeiten gehabt, doch seit einem Jahr habe ich nichts mehr hochgeladen. Meine früheren Sachen können Sie natürlich nach wie vor sehen.

Mitentscheidend für diesen Entschluss war wohl auch die Dauerrolle als Kommissarin in „Soko Leipzig“. Für so was schleckt sich mancher Schauspieler alle Finger ab, denn es bedeutet, dass man einigermaßen ausgesorgt hat. Trotzdem haben Sie nun gekündigt. Warum?
NILAM FAROOQ: Weil man eines Tages unweigerlich in einer Sackgasse landet und sich fragt: Möchte ich mein Leben lang nur einen „gesicherten Job“ oder gibt es noch andere spannende Charaktere und Abenteuer? Ich habe mich für Letzteres entschieden.

Unter David Dietl, dem Sohn des legendären Helmut Dietl, haben Sie also nun die Komödie „Rate Your Date“ gedreht. Dietl ist auch Ko-Autor. Nicht unoriginell: Die Drehbuch-Grundidee war zunächst Fiktion, wurde dann aber von der Wirklichkeit überholt?
NILAM FAROOQ: Mit dem Online-Dating ist ein richtiger Hype ausgebrochen. Im Film entwickeln ein paar junge Leute die Idee weiter, erfinden eine App, in der Dating-Partner beurteilt werden können. Als wir bei den Leseproben waren, kam plötzlich jemand und hat uns mitgeteilt: „Leute, ich habe gerade erfahren, dass irgendjemand jetzt wirklich eine solche App entwickelt hat!“

Durch Ihre Youtube-Aktivitäten waren Sie technisch gewiss einigermaßen auf dem Laufenden?
NILAM FAROOQ: Ein bisschen wusste ich, wie’s funktioniert. Ich kenne mich auch bei Facebook aus, doch Twitter werde ich wahrscheinlich nie privat nützen. Ich kenne auch Pärchen, die sich online kennengelernt und geheiratet haben und die noch immer glücklich miteinander sind. Das gibt’s. Aber nicht für mich. Ich bin seit jeher recht klassisch und analog unterwegs. Über jemanden erzählen zu müssen, dass wir einander online kennengelernt haben – da würde mir was fehlen. Auch angesichts des Wissens, dass der Tag der Wahrheit kommt, sobald man mit jemandem Kontakt aufgenommen hat.

Im Internet wird auf diesem Sektor ja auch so viel gelogen und beschönigt. Da gibt es zum Beispiel nur die attraktivsten Fotos.
NILAM FAROOQ: Dagegen allein wäre nichts zu sagen. Wenn sie aber bearbeitet sind, dann schon.

Kommt für Sie nicht infrage?
NILAM FAROOQ: Wie gesagt, ich habe keine Online-Bekanntschaften, und das ist auch nie geplant.

„Rate Your Date“ ist eine leichte Komödie, gibt es dennoch irgendeine Message?
NILAM FAROOQ: Na ja, man sieht, was passiert, wenn man den Menschen zu viele Gelegenheiten und Möglichkeiten gibt. Dann kommt sehr leicht Mobbing ins Spiel. Es braucht dann Aufklärung und Hilfe für die Betroffenen. Eine sehr aktuelle Thematik, über die man mehrere Serien drehen könnte.



Zu den vielen Facetten der Nilam Farooq gehört, dass Sie auch noch ein „Gesicht“ sind – ein Gesicht für Opel, Wella, Fa und den Website-Baukasten WIX.com. Und Schmuckdesignerin sind Sie neuerdings auch noch?
NILAM FAROOQ: Letzteres stimmt nicht ganz. Würde ich mich wirklich so nennen, dann würde ich einen Berufszweig diskreditieren. Die Realität ist, dass mir ein Schmuckverlag die Möglichkeit gab, drei meiner Ideen zu realisieren.

Was ist dann der effektive Hauptjob?
NILAM FAROOQ: Die Schauspielerei bleibt meine größte Herzblutleidenschaft. Gleichzeitig möchte ich mich nicht einengen lassen und es mir leisten können, Möglichkeiten, die mir geboten werden, manchmal auch links liegen zu lassen. Früher wurde mir gesagt: „Du musst dich auf eine Sache fokussieren!“ Das glaube ich nicht. Ganz und gar nicht. Es gibt nicht nur eine einzige Nilam, die ein Mal hundert Prozent bringen kann, sondern eine Nilam, die 800 Mal hundert Prozent bringen kann. Ohne dass man viele Abstriche machen müsste.

Und dann existiert ja auch noch eine abenteuerlustige Nilam?
NILAM FAROOQ: Die schon einiges gemacht hat, das stimmt. Etwa Bungee-Jumping. Viel fehlt nicht mehr.

Was würde Sie noch reizen?
NILAM FAROOQ: Zum Beispiel tauchen mit weißen Haien. Ganz ohne Käfig.

Aber zuerst Steven Spielberg fragen, ob das gesund ist.
NILAM FAROOQ: Ich habe eh meine Zweifel, ob mir das je gelingt. Aber Träume muss man haben.