Ein 18-Minüter tourt um die Welt. Tanja Mairitschs „Lacrimosa“ lief bereits auf zwölf Filmfestspielen: vom Short Film Festival in Hollywood über das Mumbai Shorts und das Sitges International in Katalonien bis zum K3 in Villach. Dort gab es letztes Wochenende die nächste Auszeichnung. Preise gewann der Kurzfilm bereits im Sommer bei den Wettbewerben von Boston und Kitzbühel.
Drei Jahre Arbeit stecken in dem zu einem Drittel unter Wasser gedrehten Werk über die Entstehung einer Träne. Das Besondere: Die beiden Darsteller Saskia Rosendahl und Frowin Wolter mussten für den Dreh nicht nur untertauchen, am Schnittplatz wurde ihr Spiel mit einer Wüstenlandschaft hinterlegt: „So haben die beiden ein wässriges Erscheinungsbild mit schwebenden Haaren und wallenden Kleidern, alles schwerelos - aber in einer Wüste“, beschreibt Mairitsch den komplexen Kniff ihres Films. Getestet wurde im Wiener Jörgerbad, gedreht in einem Becken der Feuerwehrschule in Lebring.
Entscheidend war es für die gebürtige Klagenfurterein, dass die Schauspieler so wirken, als wären sie in einem Umfeld an Land: „Es sollten keine Pausbacken oder gequältes Luftanhalten zu sehen sein.“ Dass sie sich unter Wasser gehend fortbewegen konnten, dafür sorgte ein Seilzug (der später retuschiert wurde), für die nötige Luft sorgten Sicherheitstaucher, die vor den bis zu 40-sekündigen Szenen aus dem Bild schwimmen mussten. 130 Personen waren an dem ungewöhnlichen Projekt beteiligt - unmöglich ohne die Unterstützung des ORF, der Landesregierungen in Kärnten, der Steiermark und Niederösterreich sowie der Kulturabteilung der Stadt Wien (Details und weitere Bilder finden Sie hier).
Treffen mit Freddy Krüger
Aber wozu dieser Aufwand? Das Genre des Unterwasserfilms ist noch wenig erforscht und „wir möchten es etablieren“, sagt Mairitsch. Dafür wurde das Start-up „Liquid Films“ gegründet, und die kühne Idee trägt immer mehr Früchte: Neben den Auszeichnungen in Tirol, Kärnten und den USA hat sich bereits ein kommerzielles Projekt ergeben - ein Unterwasser-Modeshooting für ein Wiener Kaufhaus. Aber „Lacrimosa“ verschaffte Mairitsch auch ein ganz persönliches Glücksgefühl mit einer Horrorfigur: „Beim Festival im spanischen Sitges bin ich plötzlich am Tisch mit Schauspieler Robert Englund gesessen, dem Freddy Krüger von ,Nightmare on Elm Street'. Dieser Film war einer meiner Lieblings-Horrorfilme in der Kindheit. Wir haben uns an diesem Abend über alle möglichen Themen unterhalten. Ich konnte endlich mit jener Gestalt, die mir als Kind Albträume verursacht hat, Frieden schließen“, erzählt die Regisseurin mit einem Augenzwinkern.
„Lacrimosa“ ist ihr jüngster Film, ihr Erstling hieß „Fueling the Fire“, lief auf mehr als 30 Festivals und gewann 15 Preise, darunter den Award der amerikanischen Regievereinigung. Wer den Film sehen möchte, muss in die Ferne schweifen: Im Februar läuft „Lacrimosa“ auf dem Mammoth Film Festival in Kalifornien. Einen Ausstrahlungstermin im ORF gibt es noch nicht. Mairitschs nächstes Projekt liegt ihr schon sieben Jahre lang am Herzen: „Es wird ein Horror-Thriller-Drama, sehr crazy und sehr kreativ.“ Und: über Wasser.
Christoph Steiner