Wie speichert man dauerhaft jene 200.000 Stunden Videomaterial, die täglich auf Youtube hochgeladen werden und die in etwa der Menge entsprechen, die in 120 Jahren analoges Filmerbe in Österreich zustande gekommen sind? Wie kann man sich aus der schieren Masse der Bilder die Perlen herauspicken? Und wer entscheidet, was das ist?
"Eine digitale Sintflut ergießt sich über alle Archive der Welt", so Filmarchiv-Chef Ernst Kieninger: "Das bringt eine Spannbreite an Herausforderungen für jedes Filmarchiv mit sich." Man sei als "Nationalbibliothek der Laufbilder" hier gefordert. So nehme interessanterweise jetzt die Masse an Analogmaterial zu, die dem Filmarchiv übergeben werde, weil in Zeiten der Ablösung des analogen Filmes die Industrie das in ihrer Sicht obsolete Material nicht mehr verwerten könne.
Einen versöhnlicheren Weg schlägt da nun die Schau "Analog_Digital. Media (Ex)changes" im Metro Kinokulturhaus, die mal auf humorvolle, mal auf hochästhetische Weise den Fragestellungen widmet, die sich mit der Kulturrevolution im Laufbildbereich stellen. "Es ist keine feindliche Übernahme des Analogen durch das Digitale - aber es verändert doch vieles", so Anna Högner, zusammen mit Eva Fischer Kuratorin, bei der Präsentation am Dienstag.
Dies sieht auch der Belgier Wim Janssen so, der mit "Continuization Loop" eine Arbeit geschaffen hat, die Analogfilm im Durchlauf zu einem monochromen Bildvorhang vereint, der eine ebenso hypnotische Bildwirkung auslöst wie Rainer Kohlbergers Installation "Not even nothing can be free of Ghosts", in welcher der Künstler auf einer Leinwand im digitalen Grundrauschen nach Lichteffekten und damit den digitalen Gespenstern sucht.
Mit einem Augenzwinkern arbeitet "Light Spill" des US-Duos Gibson + Recorder. Dabei wird nicht nur das zufällige Material von Foundfootage-Filmrollen auf eine Leinwand geworfen, sondern spult hinter sich der Film einfach auf den Boden ab, wo dieser auch verbleibt. So wird sich der Ausstellungsraum über die Schau hinweg zunehmen mit Filmmaterial gefüllt. Von Tony Lawrence ist die Found-Footage-Arbeit "Girl on Fire" zu sehen, in der durch einen Bildfehler die porträtierte Schwimmerin immer wieder in Flammen aufzugehen scheint.
Das heimische Duo Depart legt mit "The Lacuna Shifts" eine beeindruckende Virtual-Reality-Installation vor, in welcher der Besucher mit seinen Blicken gleichsam selbst Räume vor seinen Augen erschafft. Und schließlich hat Regisseur Virgil Widrich unter dem Titel "Side by Side" eine Videoinstallation beigesteuert, die sich auf seinen Spielfilm "Die Nacht der 1000 Stunden" bezieht, der ausschließlich vor einem Green-Screen entstanden ist. Widrich zeichnet darüber hinaus für die begleitende Retrospektive als Kurator verantwortlich, die von 5. bis 18. Oktober ein weiteres Schlaglicht auf das Thema wirft.