Mut zur leichten Muse beweist das Filmarchiv Austria mit der Retrospektive "Wörthersee & Exploitation" (bis 4. Oktober). In Hauptrollen der mittlerweile kultigen Produktionen der Lisa Film unter der Leitung von Karl Spiehs finden sich Stars wie Uschi Glas, Roy Black oder Thomas Gottschalk. Letzterer zeigte sich bei der Eröffnung am Dienstagabend in Wien rundum versöhnt mit den "Supernasen" und Co.
Es gebe einige Dinge in seiner Karriere, "die ich nicht hätte machen müssen. Die Wörthersee-Filme gehören aber definitiv nicht dazu", sagte Gottschalk im Metro Kinokulturhaus. Er gebe zwar zu, sich später - sozusagen die Zuneigung des gehobenen Journalismus suchend - "halbherzig von den Filmen distanziert" zu haben, heute sei das aber ganz anders. Bestätigt sieht sich der langjährige "Wetten, dass..?"-Moderator auch dadurch, dass ihm jetzt "40-jährige Doktoren" zu den Filmen gratulieren und ihn Filmhochschulen auf Seminare zum 1983 erschienenen Film "Die Supernasen" - mit dem die Werkschau bezeichnenderweise auch eröffnet wurde - einladen.
Wörthersee & Exploitation: Klamauk-Kult der Lisa Film im Rückspiegel
"Burli, willst du Film machen"
Mit Radio- und etwas Fernseherfahrung sei er vor dem Beginn seiner Zusammenarbeit mit der Lisa Film schon beschlagen gewesen, als der am Dienstag ebenfalls anwesende Spiehs ihn einst anrief, an Kino habe er gar nicht gedacht. Spiehs' Frage damals: "Burli, willst du Film machen", erinnerte sich Gottschalk. Die Produzentenlegende stellte ihm beim ersten gemeinsamen Film "Piratensender Powerplay" (1981) Mike Krüger zur Seite - der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. "Ich habe von Anfang bis Ende bei der Veranstaltung Spaß gehabt und am Ende hat auch das Publikum Spaß gehabt", so Gottschalk.
Heute ist er "absolut der Meinung, dass diese Geschichten in die Zeit gepasst haben. Sie waren von einer grandiosen Harmlosigkeit und auch von einer rührenden Langsamkeit. Man saß damals zwei Stunden im Kino und es ist nicht viel mehr passiert als dass zwei Typen um den Wörthersee gefahren sind und dumme Sachen gemacht haben". Quasi entgegen jede Erwartung und ohne es anzustreben, habe man damit sogar ein Stück deutschsprachige Filmgeschichte geschrieben. Gottschalk: "Der Kritiker von der 'Süddeutschen' hat geweint, aber tausende Kinder freuten sich".
Für viele der Lisa-Filme zeichnete Otto Retzer als Regisseur oder Schauspieler verantwortlich, als Kulisse diente meistens der Wörthersee. "Wir hatten damals eine geile Zeit. Ich geniere mich nicht für eine einzige Szene", sagte Retzer zur APA. Wenn er sich die Streifen heute anschaue, ergreife ihn eine gewisse Sehnsucht nach vergangenen Zeiten "und ich glaube, den Zuschauern geht es genau so".
Abgründiges und Trashiges
Dass die Filme jetzt zusätzlich von vielen jungen Menschen entdeckt werden, habe auch sein Interesse erneut geweckt und nun zu der ersten einschlägigen Retrospektive geführt, sagte Filmarchiv-Direktor Ernst Kieninger. "Das Abgründige und 'Trashige' ist, was heute unglaublich fasziniert. Das ist Kultur, die auch ein wenig unseren Begriff von Filmgeschichte erweitert", so Kieninger. Bei aller Freude über die neue Aufmerksamkeit und den Kult-Status gibt es für Gottschalk aber trotzdem "nichts, was man bei den 'Supernasen' im Nachhinein zu einem Kinojuwel hochstilisieren kann".
Mit dem Vermächtnis der äußerst erfolgreichen Produktionen setzt sich der Literatur- und Medienwissenschafter Arno Rußegger vom Institut für Germanistik der Universität Klagenfurt trotzdem wissenschaftlich auseinander. Die Wörthersee-Filme seien gewissermaßen symptomatisch für die damals beginnende Überschreitung zwischen U- und E-Kultur. Karl Spiehs habe zudem immer wieder Leute dazu animiert, Neues auszuprobieren. So hat etwa Peter Weck in einer der Produktionen erstmals Regie geführt, und Uschi Glas oder Gottschalk gaben ihre Debüts als Drehbuchautoren, sagte Rußegger der APA. Gottschalk angesichts dieser neuen akademischen Ehren: "Der Professor hat über Musil habilitiert. Den Bogen von Musil zu Gottschalk und den 'Supernasen' bekommt man nur in Österreich hin."
Im Rahmen der Retrospektive werden insgesamt 23 Filme aus 50 Jahren Lisa Film bis 4. Oktober im Metro Kinokulturhaus in Wien gezeigt. Ganz nahe an den einstigen Drehorten einiger Filme geht es dann weiter: Von 5. bis 8. Oktober übernimmt das Villi Kino in Pörtschach einen Teil der Werkschau.