Mit vielen Nominierungen für "La La Land" war zu rechnen. Die Ausbeute für die Musical-Romanze von Damien Chazelle bei der Verkündung der Oscar-Akademie war dann aber doch überraschend: Mit 14 Nominierungen stellt die Hommage an die Blütezeit der Filmmusicals den Rekord von "All About Eve" (1950) und "Titanic" (1997) ein. Und auch das Team von "Toni Erdmann" mit Hauptdarsteller Peter Simonischek hat Grund zum Jubeln (Hier gehts zum Interview mit dem Steirer).
Peter Simonischek: "Die Freude ist sehr groß"
"La La Land" konnte in sämtlichen Hauptkategorien von "Bester Film" über "Beste Regie" bis "Bestes Original-Drehbuch" punkten und brachte auch seinen Hauptdarstellern Würdigungen ein: Für Ryan Gosling und Emma Stone, die sich als Liebende durch Los Angeles singen und tanzen, wäre es jeweils der erste Oscar. Konkurrenz in zentralen Kategorien kommt allen voran von Denis Villeneuves Science-Fiction-Parabel "Arrival" und Barry Jenkins' Coming-of-Age-Drama "Moonlight" mit je acht Nominierungen. Villeneuve inszeniert in "Arrival" die Kontaktaufnahme mit Außerirdischen, Jenkins erzählt in seinem erst zweiten Langfilm vom Erwachsenwerden eines schwulen Afroamerikaners.
Jeweils sechs Preischancen haben Garth Davis' Drama "Lion" nach wahren Begebenheiten, Mel Gibsons Kriegsfilm-Passion "Hacksaw Ridge" und Kenneth Lonergans erschütterndes Familiendrama "Manchester by the Sea", dessen US-Distributionsrechte bei Amazon liegen. Die Nominierung als "Bester Film" ist die Erste überhaupt für einen Streamingdienst. Insgesamt neun Werke konkurrieren heuer um den begehrten Titel, dazu zählen neben den bisher Genannten auch der Western "Hell or High Water" sowie "Fences" und "Hidden Figures", die sich mit Rassismus auseinandersetzen.
Das multikulturelle Amerika ist bei der 89. Oscar-Verleihung sichtlich besser abgebildet als in den Vorjahren, als das Fehlen schwarzer Nominierter in den Darstellersparten zwei Jahre infolge unter dem Hashtag "#OscarsSoWhite" für Diskussionen sorgte. Sechs der 20 Schauspielnominierungen entfallen in diesem Jahr auf schwarze Darsteller, darunter Denzel Washington und Viola Davis für "Fences", Mahershala Ali für "Moonlight" und Ruth Negga für "Loving" - die überraschend einzige Nominierung für Jeff Nichols' viel gepriesenes historisches Liebesdrama.
Keineswegs unerwartet ist der Rekord, den Meryl Streep aufstellt: Für ihre Rolle der exzentrischen Möchtegern-Opernsängerin in "Florence Foster Jenkins" hat sie ihre bereits 20. Nominierung erhalten - das ist vor ihr niemandem gelungen. Sie tritt in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" gegen Stone und Negga sowie "Jackie"-Darstellerin Natalie Portman und die Französin Isabelle Huppert ("Elle") an. Bei den Männern hat Casey Affleck für seine Darstellung eines traumatisierten Handwerkers in "Manchester by the Sea" nach zahlreichen Kritikerpreisen den Favoritenstatus inne; er misst sich mit Washington, Gosling sowie Viggo Mortensen als Hippie-Vater in "Captain Fantastic" und Andrew Garfield als Kriegsheld in "Hacksaw Ridge".
Eine Geste des Vergebens (oder auch Verdrängens) bringt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences Hollywoodstar Mel Gibson entgegen: Nach cholerischen Wutausbrüchen und antisemitischen Äußerungen jahrelang vergrämt und zuletzt 1995 für "Braveheart" nominiert und prämiert, steht er nun als "Bester Regisseur" neben Denis Villeneuve, Damien Chazelle, Kenneth Lonergan und Barry Jenkins.
Den ersten Auslandsoscar für Deutschland seit Florian Henckel von Donnersmarcks Stasi-Film "Das Leben der Anderen" vor zehn Jahren könnte Maren Ade holen: Ihre deutsch-österreichische Tragikomödie "Toni Erdmann" ist neben Werken aus u.a. Schweden und Dänemark in der Kategorie "fremdsprachiger Film" nominiert. Burgschauspieler Peter Simonischek verkörpert darin den Alt-68er Winfried, der sich seiner entfremdeten Tochter Ines (Sandra Hüller) mit falschen Zähnen und Perücken annähert. Keine Nominierung gab es indes für den österreichischen Doku-Thriller "The Ivory Game", der den Sprung von der Shortlist unter die letzten Fünf in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" nicht schaffte. Österreichs Auslandsoscar-Kandidat "Vor der Morgenröte" war schon im Vorfeld ausgeschieden.
Die Verkündung der Nominierten fand heuer erstmals nicht vor Publikum, sondern ausschließlich per Livestream statt. Frühere Oscar-Gewinner und -Nominierte wie Terrence Howard, Marcia Gay Harden und Brie Larson erinnerten sich in launigen Videoclips an ihre Oscar-Momente und stellten die diesjährigen Nominierten vor. Eine Neuerung gibt es auch bei der Preisgala selbst: Als Gastgeber steht am 26. Februar erstmals Komiker und Talkshow-Moderator Jimmy Kimmel auf der Bühne des Dolby Theatre in Los Angeles.