Mond
Schön ist es, das Hotel. Alles inklusive. Nicht zu reden von der protzigen Villa, in der Sarah (Performancestar Florentina Holzinger) kurz darauf ihre Stelle antritt. Als ehemalige Martial-Arts-Kämpferin, die im Käfig ihren Kampfgeist verloren hat, hat sie einen Job bei einer reichen Familie mit abwesenden Eltern in Jordanien angefangen, wo sie die drei Töchter unterrichten soll. Den Clash der Kulturen hat Regisseurin Kurdwin Ayub schon in ihrem prämierten Debüt „Sonne“ thematisiert, für „Mond“ erhielt sie in Locarno mehrere Preise. Darin spielt sie mit Thrillerelementen, die Regeln in der Villa sind bizarr: kein Wlan, keine Fotos, kein Zutritt in den ersten Stock. Zunächst hinterfragt Sarah all das nicht. Doch Ungereimtheiten lassen sie bald stutzig werden. Ayub spielt gekonnt mit der Idee einer „weißen Retterin“ und der Frage, ob Sarah den Mädchen in ihrem goldenen Käfig helfen kann und will. Holzinger brilliert in ihrer ersten Hauptrolle mit authentischem Spiel (sg). ●●●●○
Alter weißer Mann
Er ist längst zum Kampfbegriff mutiert: „Alter weißer Mann“. Gemeint sind stetes Mansplaining, Wettern gegen Gendern und die sogenannte Wokeness. So nennt Simon Verhoeven seine unterhaltsame Komödie mit Star-Ensemble. Als Steinzeitpapa in der Titelrolle: „Tatort“-Liebling Jan Josef Liefers, der als Marketing-Chef und Parade-Boomer von der Familie belächelt und von einer hippen Unternehmensberatung auf sein Mitmach-Potenzial abgeklopft wird. Ein Abendessen kann ihn retten: Herrlich komisch, wie Liefers durch die Gegenwart torkelt. Beim dick aufgetragenen Dialog-Pingpong wird er großartig von Meltem Kaptan, Nadja Uhl und Michael Mertens unterstützt. Keine Sorge: Jede und jeder kriegt Fett ab. (js) ●●●❍❍
Terrifier 3
Während der Joker an den Kinokassen schwächelt, dreht ein anderer Killerclown genüsslich auf. Art (David Howard Thornton) nennt sich dieser stumme, schwarz-weiß geschminkte Schelm, der sich in die Herzen der Horrorfans gemetzelt hat. Freddy Krüger, Michael Myers und Co. haben einen würdigen Nachfolger gefunden. Für Teil drei des mordenden Clowns mag das Budget angestiegen sein, Regisseur Damien Leone hat auf den handgemachten Retro-Charme der Vorgänger nicht vergessen. Sienna (Lauren LaVera), Überlebende des letzten Massakers, kann ihrem Widersacher nicht entrinnen. Der treibt nun nicht an Halloween sein Unwesen, sondern zur besinnlichsten Zeit des Jahres: zu Weihnachten. Sadistischer Splatterspaß. (pog= ●●●❍❍
Die Bedürfnisse einer Reisenden
Bereits zum dritten Mal arbeiten der südkoreanische Regisseur Hong Sangsoo und die Schauspielerin Isabelle Huppert zusammen. Diesmal spielt Huppert Iris, eine Französin ohne klare Vorgeschichte, die sich durch die Straßen Seouls und das ihr fremde Südkorea treiben lässt. Durch Begegnungen mit anderen Personen, wie etwa Isong (Kim Seungyun), entsteht ein Frage-und-Antwort-Spiel, das einen Teil dieser Lücken schließt. So gibt Iris unter anderem Französischunterricht, um sich zu finanzieren. Huppert ist als Iris so geheimnisvoll wie sympathisch. Hong Sangsoo beweist sich wieder als Meister der ruhigen Nicht-Handlung, wobei er gleichzeitig pointiert die Frage nach der Qualität einer solchen Existenz stellt. (sg) ●●●❍❍