Der Kampf um die Siedlung Horizon am Tal des San Pedro River beginnend im Jahr 1859 steht im Zentrum von Costners epischer Saga. Erst existiert Horizon nur auf einem Flugblatt, wegen dem immer mehr Menschen hierherkommen, tatsächlich ist es niedergebrannt, Natives kämpfen um ihre angestammten Gründe, die Menschen aus aller Herren Länder gerade parzellieren, verkaufen und besiedeln. Im Zentrum der Handlung steht Frances Kittregde (Sienna Miller), sie hat den Angriff mit ihrer Tochter versteckt unter einer Falltür überlebt. First Lieutenant Trent Gephart (Sam Worthington) erweckt ihre Aufmerksamkeit. Die Prostituierte Marigold (Abbey Lee) muss das Kind ihrer Schwester durchbringen, das von Banditenbrüdern gesucht wird. Costner selbst spielt einen Pferdehändler, der selten spricht und einer von den Guten ist, er taucht erst nach gut einer Stunde im Film auf, wird Verbündeter von Marigold. In weiteren Rollen sind auch Danny Huston und Luke Wilson zu sehen.
Wer darf hier eigentlich leben? Lohnt es sich zu kämpfen – und für wen? Das sind einige der großen Fragen, die Costner stellen will, doch die Handlung verläuft sich und die Figuren berühren wenig – sie wirken weniger wie aus dem echten, historischen Wilden Westen, sondern wie aus einem Western der 90er Jahre (Abbey Lee sieht auch aus wie Michelle Pfeiffer aus dem Rüschenkleid geschnitten), Kino wie damals, aber anders. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Costner das Projekt seit gut 30 Jahren zu finanzieren versucht, letztlich nahm er für das Budget von über 100 Millionen Dollar Kredite auf eigene Liegenschaften auf.
Kein Vergleich zu Scorsese
Nach einem großen Wurf wie Martin Scorseses Vorjahres-Sensation in Cannes, „Killers of the Flower Moon“ mit seiner Bildgewalt und auch seiner Informiertheit über Positionen der letzten Jahre und Jahrzehnte zum Thema der Deutungshoheit über Stoffe, deren Herkunft und Figuren, kommt „Horizon“ altbacken und harmlos daher – nicht unsympathisch, aber gestrig. Der zweite Teil davon ist ebenfalls bereits abgedreht – „Horizon“ kommt in Österreich ins Kino, Teil zwei im November, von Teil drei hat Costner schon bereits drei Tage gedreht, bevor es nach Cannes ging.
Dabei ist der Western ist Costners eigentliches Genre: In Taylor Sheridans Westernserie „Yellowstone“ ist er seit 2018 in der Hauptrolle zu sehen. 2003 drehte er „Open Range“ und bereits mit seinem Regiedebut „Der mit dem Wolf tanzt“ erfand Kevin Costner 1990 das Genre neu – er wurde zum Blockbuster, obwohl die Sprache der Indigenen untertitelt wurde. Costner selbst sieht das ein wenig anders, wie er in Cannes erklärt: „Viele denken, dass ,Dances With Wolves‘ die Story von Native Americans ist. Das stimmt gar nicht, es ist die Geschichte eines Kavalleristen, ich habe nur die Leute, auf die er trifft, wie echte Menschen erzählt, ich will einfach die Realität abbilden“.
Was Costner an „Horizon“ am meisten interessiert: Die Dynamik jener riesigen Völkerwanderung, in der die USA besiedelt wurde. „Die Menschen kamen mit Schiffen, sie wollten ein neues Leben, haben alles riskiert, um in ein Land zu gehen, das noch nicht einmal einen Namen hatte. Das Land war ein Mythos – 90 Millionen Büffel und keine Häuser. Und man sagte sich: Wenn du nur tough genug bist, fies und einfallsreich genug, kannst du es schaffen“, so Kostner.
„Klar mag ich auch Schießereien“, erklärt er der Presse in Cannes. Stolz ist bei seinem Film allerdings auf ganz andere Dinge. „In den USA gibt es sowas wie den Denkmalschutz hier nicht, wir haben sehr viel Land und das wird zunehmend aufgefressen. Mein Film ist eine Art Postkarte von einer Landschaft, die es wirklich gibt, diesen Fluss, diese Berge“. Einen Drehort hat er wiedergesehen, nun stehen da zwei große Lagerhallen – die Landschaft existiert im Film weiter.
Julia Pühringer aus Cannes