Die 74. Berlinale beginnt im Zeichen eines Abschieds. Für die Festivalleitung Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, die 2020 ihren Einstand gegeben hatten, wird es die letzte Ausgabe. Sie werden von der Amerikanerin Tricia Tuttle abgelöst. Davor gibt es nochmals elf Tage Programm und viele Stargäste. Auch Österreich ist wieder sowohl im Wettbewerb als auch in den Nebenschienen am Start.
Für den Goldenen Bären gehen dieses Mal 20 Filme ins Rennen. Darunter der österreichische Beitrag „Des Teufels Bad“ von Severin Fiala und Veronika Franz, mit Anja Plaschg, bekannt als Musikerin Soap&Skin, in der Hauptrolle. Sie spielt eine religiöse Frau im Oberösterreich des 18. Jahrhunderts, deren Depression sie zu einer katastrophalen Entscheidung treibt.
Der Jury für den Wettbewerb sitzt die Schauspielerin Lupita Nyong‘o (Mexiko/Kenia) vor. Mit ihr gemeinsam werden Schauspieler und Regisseur Brady Corbet (USA), Regisseurin Ann Hui (Hong Kong), Regisseur Christian Petzold (Deutschland), Regisseur Albert Serra (Spanien), Schauspielerin und Regisseurin Jasmine Trinca (Italien) und Autorin Oksana Zabuzhko (Ukraine) über die Verleihung der Bären entscheiden.
Cillian Murphy eröffnet Festival
Den Auftakt macht die Berlinale heute mit dem Film „Small Things Like These“ von Tim Mielants. In der Hauptrolle ist Cillian Murphy zu sehen. Der Oscar-Kandidat („Oppenheimer“) reist dafür an. Der Film handelt von dem Skandal um die Magdalenenheime, Institutionen für „gefallene Frauen“ in Irland, wo diese ausgebeutet und bis 1996 wie Sklaven gehalten wurden.
Am 16. Februar wird die US-Schauspielerin Rooney Mara vorbeischauen, deren Film „La Cocina“, ein Drama über die Mitarbeiter in der Gastronomie, im Wettbewerb Premiere feiert. Am 21. Februar können Berlinale-Gäste einen Blick auf Adam Sandler und Carey Mulligan, die Stars von „Spaceman“, erhaschen. Schauspielerin Amanda Seyfried folgt am 22. Februar mit dem Filmdrama „Seven Veils“, „Euphoria“-Star Hunter Schafer mit dem Film „Cuckoo“, Elvis-Enkelin Riley Keough und Jesse Eisenberg mit „Sasquatch Sunset“. Marvel-Star Sebastian Stan ist im Wettbewerbsbeitrag „A Different Man” zu sehen, der Mexikaner Gael García Bernal in „Another End“.
Außer Konkurrenz präsentiert Regisseurin Julia von Heinz ihren ersten internationalen Film „Treasure“ mit Lena Dunham und Stephen Fry als Vater-Tochter-Duo, das eine Reise durch Polen macht, wo der Vater einst den Holocaust überlebte. Ebenso stellen Kristen Stewart und Katy O’Brian „Love Lies Bleeding“, in dem ein Paar sich in der Bodybuilding-Szene kennenlernt, vor. Doch nicht nur mit Hollywood-Glanz macht die Berlinale heuer von sich reden. Das Festival präsentiert seinen ersten nepalesischen Beitrag im Wettbwerb, „Shambhala“ von Min Bahadur Bham, und auch iranisches Filmemachen ist wieder vertreten. Das Duo Maryam Moghadam und Behtash Sanaeeha hätte „My Favorite Cake“ präsentieren sollen, wurde aber von den iranischen Behörden an der Ausreise gehindert.
Zwei Preise für das Lebenswerk
Ein Höhepunkt ist die Auszeichnung des US-Regisseurs Martin Scorsese für sein Lebenswerk. Auch Isabelle Huppert, die schon 2022 ausgezeichnet hätte werden sollen, aber nicht vor Ort sein konnte, bekommt endlich ihre Ehrung überreicht. Sie präsentiert „A Traveler’s Need“, den Film von Berlinale-Dauergast Hong Sang-soo, in dem sie die Hauptrolle spielt.
Von Hader bis Minichmayr
Neben „Des Teufels Bad“ gibt es auch wieder einige österreichische Beiträge zu entdecken. In der Schiene Encounters präsentiert die mehrfach auf der Berlinale ausgezeichnete Ruth Beckermann ihre Dokumentation „Favoriten“ über eine Volksschulklasse im gleichnamigen Wiener Gemeindebezirk. Der Film wird im April auch die Diagonale in Graz eröffnen. Im Panorama präsentiert Josef Hader „Andrea lässt sich scheiden“ mit Birgit Minichmayr als Landpolizistin, die Fahrerflucht begeht, als sie ihren Ehemann anfährt. Noch einmal Minichmayr gibt es bei Anja Salomonowitz in „Mit einem Tiger schlafen“. Dort spielt sie die Avantgarde-Malerin Maria Lassnig. Alexander Horwath setzt Henry Fonda in „Henry Fonda for President“ ein dreistündiges Denkmal. Des Weiteren ist Österreich auch als Co-Produzent in „I’m not everything I want to be“, der von einer Frau im Prager Frühling 1968 handelt, vertreten.
Susanne Gottlieb