Einmal hatten wir ihn schon ein bisschen verabschiedet: 2018 nahm sich Johannes Prinz nämlich ein Sabbatical. Nun aber ist es endgültig soweit. Er geht als Professor für Chordirigieren nach 23 Jahren Lehre an der Kunstuniversität Graz in Pension. In den „Unruhestand“ freilich, wie man dort nachschärft, denn Chor ist und bleibt das Lebensmittel des gebürtigen Lavanttalers, nicht nur als Direktor des Wiener Singvereins, den er seit 1991 in lichten musikalischen Höhen hält.
Wer jemals unter Prinz geprobt hat, der weiß, was Sesselkantensingen heißt: Er ist ständig fordernd und fördernd zugleich, und seine Leidenschaft und Hochspannung überträgt er 1 : 1 auf die Sängerinnen und Sänger. Er selbst hatte das Genre von der Pike auf gelernt, zunächst als Wiener Sängerknabe, später als Mitglied des Arnold Schoenberg Chores und als Assistent des künstlerischen Leiters Erwin Ortner. Es dauerte nicht lang, bis die Crème de la Crème auf seine Expertise setzte – vom Spanischen Rundfunkchor über den RIAS-Kammerchor Berlin bis zum Wiener Staatsopernchor. Zuletzt stand Prinz vermehrt auch am Orchesterpult, etwa der Wiener Symphoniker oder des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien.
Was sein pädagogisches Ziel war und ist? „Die Leute möglichst zu verunsichern“, sagt der 65-Jährige überraschend im „Aircampus“, dem Podcast der Grazer Universitäten. Was er damit meint: Seinen Studentinnen und Studenten kein Rezept anzubieten, sondern sie zu lehren, bei Interpretationen nach ihren besten Lösungen zu suchen, indem sie Fragen stellen, und auf Fragen brauche man eben Antworten.
Er selbst habe immer „in Liebe“ unterrichtet, folgerichtig nimmt Johannes Prinz unter diesem Motto nun also Abschied von der Kunstuniversität. Beim Farewell-Konzert mit dem Kammerchor unter seiner Leitung und mit dem Studiochor, den seine Studierenden dirigieren, sind u. a. Werke von Vätern zu hören. Von seinem eigenen, Gerhard Prinz, bald 98 Jahre jung. Und vom Litauer Romualdas Gražinis; dessen Tochter Mirga Gražinytė-Tyla, seit 2016 in der Nachfolge von Andris Nelsons Chefdirigentin beim renommierten City of Birmingham Symphony Orchestra, hatte einst bei Johannes Prinz und Martin Sieghart in Graz studiert.
Nachfolger von Prinz als Chorprofessor wird übrigens der Deutsche Benjamin Lack (46), u. a. Domkapellmeister in Feldkirch und Leiter des Bregenzer Festspielchores.
Michael Tschida