Es hat 52 Jahre gedauert, bis das Musical "The Sound of Music" am Originalschauplatz Salzburg gespielt wurde. Obwohl die vor allem in den USA und asiatischen Ländern populäre Verfilmung mit Julie Andrews amerikanische und asiatische Touristen in Scharen in die Stadt brachte, war der Film hierzulande eher unbekannt oder galt als "verkitscht". Dabei ist das Musical weit davon entfernt, ist Andreas Gergen überzeugt, der 2011 das Stück für das Salzburger Landestheater inszenierte: "Es ist die herzliche Geschichte einer Familie, die vor dem ernsten Hintergrund des Anschlusses Österreichs an Nazi-Deutschland spielt", so der Deutsche, der "The Sound of Music" nun auch im Stadttheater Klagenfurt auf die Bühne bringt.
Das Musical erzählt die (in weiten Zügen) wahre Geschichte der Benediktinernovizin Maria, sich im Haus des verwitweten Kapitäns Georg von Trapp um dessen sieben Kinder kümmern soll. Mit Musik bereichert sie das Leben der Familie, heiratet Georg von Trapp, der als überzeugter Österreicher 1938 mit seiner Familie in die USA flieht, wo sie als "Trapp Family" berühmt wurde. Maria von Trapps Autobiografie war dann auch die Grundlage für einen Heimatfilm und schließlich für "The Sound of Music", die letzte Zusammenarbeit von Oscar Hammerstein (Texte) und Richard Rodgers (Musik). Von diesem Duo stammt auch das Musical "The King and I" nach dem Roman "Anna und der König von Siam": "Österreich war damals mindestens ebenso exotisch", lacht Gergen.
Der deutsche Regisseur lässt das Musical übrigens nicht im Nonnenkloster beginnen, sondern "auf dem Schlachtfeld 1945. Wir sehen einen jungen Mann, um den herum die Menschen sterben. Das ist der Postbote Rolf, und anhand seiner Figur haben wir versucht zu zeigen, wie die Menschen damals verführt wurden." Dieser Fokus auf die politische Situation ist ein bisschen der rote Faden, den Gergen miteingeflochten hat – sehr zur Irritation übrigens von Vertretern der "Rodgers and Hammerstein Foundation", die für die Rechteinhaber 2011 in der Hauptprobe saßen: "Sie haben uns gefragt: ‚Denkt ihr, dass das das Richtige für Österreich ist?‘ Wir haben gemeint, dass man eben genau hier diesen ernsten Hintergrund mitzeigen muss, um nichts innerhalb der Geschichte zu beschönigen."
Auch das berühmte Lied "Edelweiß" wird zum Protestlied, denn Georg von Trapp (in Salzburg war es Uwe Kröger, in Klagenfurt singt Erwin Belakowitsch die Rolle) schmettert es bei einem Konzert den anwesenden Nazis entgegen und "nimmt damit den Kitschfaktor heraus: Da geht es dann darum zu sagen: Das Edelweiß wird bleiben und die Heimat wird bleiben", sagt Gergen, der unter anderem auch die Uraufführung des Rainhard-Fendrich-Musicals "I am from Austria" für das Raimund Theater Wien inszeniert hat und gerade das Falco-Musical "Rock me Amadeus" vorbereitet (Uraufführung am 7. Oktober im Ronacher Wien). Dazwischen bringt er noch "Mamma Mia!" auf die Seebühne Mörbisch (ab 13. Juli) und verspricht "Party pur".
Über Langeweile muss der viel beschäftigte Deutsche also nicht klagen – in Klagenfurt halten ihn zudem die Kinder der Familie Trapp auf Trab, die doppelt besetzt sind: "Es galt also vierzehn Kinder mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten zu bändigen", sagt er. Als Mitglieder der Singakademie Carinthia "waren sie aber schon sehr gut vorbereitet auf die Hauptprobenphase."
Der Schluss des Musicals gehört dann wieder dem Postboten Rolf, der – schon als Nazischerge – die flüchtende Familie gehen lässt. "Maria fordert ihn mit einer Geste auf, mitzukommen, aber er wendet sich ab", sagt Gergen: "Er sei schon zu sehr in der Ideologie verfangen." Und das ist dann doch weit entfernt vom Alpenkitsch, den man hierzulande wohl noch immer oft hinter "The Sound of Music" vermutet.