"Welche Geschichten werden nicht erzählt?", fragt die Theatermacherin Katrin Ackerl Konstantin einmal im Laufe des rund 80-minütigen Stückes im Villacher Kellertheater. Es sind doch immer dieselben Storys und Rollenkonzepte, die den Schauspielerinnen und Schauspielern bei ihren Castings auf der Suche nach einem Engagement angeboten werden. Klassische Schönheitsideale werden verlangt, stereotype Figuren gezeichnet, altbekannte Bilder im Kopf provoziert. "Wieso muss ich schon wieder am Boden liegen und heulen?", fragt eine frustrierte Schauspielerin in einem der 26 Interviews, die Ackerl Konstantin zum Ausgangsmaterial für den Theaterabend (und ihre Dissertation) machte. "Da spielt man halt mit. Das ist so zwischen Mann und Frau", lautete die Antwort des Regisseurs.
In der audiovisuellen Performance "Führen wir uns auf" sitzt Katrin Ackerl Konstantin breitbeinig in ihrem Regiestuhl, wenn sie die patriarchale Theaterwelt verkörpert, kratzt sich, grinst, gibt anzügliche Kommentare von sich. Dann wieder zitiert sie vor der Kamera, die ihr Gesicht mit den aufgeschminkten Clownstränen überdimensional auf weiße Stoffbahnen projiziert, Fragen und Antworten aus ihren Interviews. Später gesellt sich noch die junge Schauspielerin Paolina Neugebauer zu ihr, eine Art Dialog entsteht, gelegentlich mischt noch eine Stimme aus dem Off mit. Mit Sound und Bild bespielt von Ulrich Kaufmann geht dieser Beitrag zur #MeToo-Debatte unter die Haut – ein starker Abend, ein vielstimmiges Plädoyer für ein zukünftiges, diverses Theater.
Karin Waldner-Petutschnig