Von Robert Schumanns „Kinderszenen“ bis zu Chick Coreas „Children’s Songs“: Wenn komponierende Pianisten in die Stuben der Kleinen blicken, wird es zärtlich. Nicht anders bei Tschaikowsky, der im „Kinderalbum“ aber auch Dramatisches wie „Das Begräbnis der Puppe“ schildert.
Die 24 zauberhaften Miniaturen wählte Daniil Trifonov als Auftakt zu seinem zweiten Auftritt nach 2018 im Musikverein und ließ feinsinnig und farbenreich wie durch ein Kaleidoskop auf „Pferdchenspiel“, „Marsch der Holzsoldaten“ oder eine wirbelnde „Baba-Jaga“-Hexe schauen.
Kraftvoll bis lyrisch durchmaß der 31-Jährige die ausladende „Fantasie“ in C-Dur, eine tiefe Verbeugung Schumanns vor seinem Idol Beethoven und ein inniger Zuruf an seine ferne Geliebte Clara.
Dieser stellte Trifonov mit Tiefgang Mozarts grüblerische bis idyllische „Fantasie“ in c-Moll gegenüber. All seine Virtuosität konnte der in New York lebende Russe im Maurice Ravels „Gaspard de la nuit“ beweisen, das zur Entstehungszeit 1908 als tollkühn und unspielbar galt. Das dreiteilige Teufelsstück, inspiriert von Prosagedichten Aloysius Bertrands, ist ein gespenstischer Reigen, der in Klanggewitter mündet.
Am Ende zelebrierte Trifonov Alexander Skrjabins Sonate Nr. 5. Dieses „große Poem für Klavier“, wie der Komponist selbst sie nannte, steckt voll Raffinesse und ekstatischer Wucht. Für die Standing Ovations bedankte sich Trifonov mit einer stillen Schlussandacht – mit Bachs „Jesus bleibet meine Freude“.
Am 9. Mai kommt übrigens ein weiterer Ausnahmepianist in den Musikverein: Igor Levit, wie Trifonov in Gorki/Nischni Nowgorod geboren. Ihm ist ein aktueller Kinofilm gewidmet. Außerdem ist der 35-Jährige am 28. Februar im Wiener Volkstheater Keynote-Speaker beim bundesweit ersten Forum Kultur des Kulturministeriums.
Michael Tschida