Die publik gewordenen Chats von ORF-TV-News-Chefredakteur Matthias Schrom und "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak mit Vertretern der Politik haben den Presserat auf den Plan gerufen. Der Senat 2 des Selbstkontrollorgans hält in einer Aussendung fest, dass die in den Chats zu Tage getretenen Einstellungen und Vorgänge aus medienethischer Sicht "klar zu verurteilen" seien.
Chefredakteurinnen und -redakteure sollten Vorbilder für ihr Redaktionsteam sein und Einflussnahmen von außen rigoros abwehren (Punkt 4.1 des Ehrenkodex für die österreichische Presse). Zudem werden sie ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und Redaktion nur dann gerecht, wenn ihre eigenen privaten Interessen keinen Einfluss auf redaktionelle Inhalte haben (Punkt 11 des Ehrenkodex). Zwar zähle regelmäßiger Kontakt zu politischen Akteuren auch zu den Aufgaben von Chefredakteuren, doch sei es dabei unbedingt erforderlich, die professionelle Distanz einzuhalten.
Ein Schaden für die gesamte Medienbranche
Nach Meinung des Senats 2 stehen die nun bekannt gewordenen Chatnachrichten diesen Anforderungen "diametral entgegen". Politische Änderungswünsche seien anscheinend willfährig entgegengenommen worden. Zudem wurden Tipps erteilt, wie politische Akteure Anfragen des eigenen Redaktionsteams am besten abwehren können. "Die Chatnachrichten zeichnen ein Sittenbild, das die Öffentlichkeit zu Recht empört und damit der Medienbranche insgesamt schadet", konstatierte der Presserat.
Auch das Frauennetzwerk Medien meldete sich zur Causa zu Wort. "In Krisen- und Kriegszeiten braucht es Qualitätsjournalismus dringender denn je als vierte, kontrollierende Macht im Staat - keinen Boys Club aus Politikern und einzelnen Medienvertretern, die für die eigene Karriere die Integrität dieses wunderbaren Berufes opfern", teilte das Netzwerk per Aussendung mit. Es gebe in der Branche eine "Vielzahl an Kolleginnen und Kollegen, die kritisch, objektiv und transparent" arbeite. "Als Vorstand des Frauennetzwerks Medien fordern wir, dass künftig sie Führungsverantwortung in ihren Medienhäusern bekommen."