Er war Vizepräsident des Kunstvereins Kärnten, ein erfolgreicher Ansichtskarten-Verleger und ein kulturpolitisch engagierter Geist, der sich regelmäßig gegen provinzielles Denken und rechte Hetze ins Gefecht warf. Von hitzköpfiger Beharrlichkeit war sein Widerstand gegen das Skandal-Geschrei rund um den „Kolig-Saal“, Thomas Bernhards „Heldenplatz“ oder Martin Kušejs „Kabale und Liebe“-Inszenierung am Stadttheater. Darüber hinaus war er ein leidenschaftlicher Sammler, der so manchem Talent den Weg zu höheren Weihen ebnete. „Drei Männer waren wesentlich für meine künstlerische Entwicklung: Fred Schmeller, Otto Breicha und Peter Mießl“, sagte einmal Martha Jungwirth über ihren Kärntner Freund und Gönner. Zwölf Jahre nach dem Tod von Peter Mießl – er starb 68-jährig an den Folgen eines Gehirntumors – widmet ihm nun die Klagenfurter Stadtgalerie eine Präsentation seines Lebenswerks.
Rund 260 Werke zeitgenössischer Kunst
Mehr als 260 Werke haben Beatrix Obernosterer und Alexander Gerdanovits aus einem weit größeren Konvolut ausgewählt, um eine Ahnung vom bedeutenden Mäzen und Kunstliebhaber zu vermitteln. Es ist zugleich der Auftakt einer neuen Ausstellungsreihe, die künftig Einblick in die verborgenen Schätze heimischer Sammlerpersönlichkeiten geben soll.
Bereits im zarten Alter von 20 habe ihr Mann zu sammeln begonnen, erzählt Witwe Dagmar Feyertag bei einem Rundgang durch die Ausstellung. Während seiner Fotografenausbildung an der „Graphischen“ in Wien sei er erstmals mit zeitgenössischer Kunst in Berührung gekommen, in Otto Mauers Galerie nächst St. Stephan habe er seinen Intellekt geschärft. Während ihrer langjährigen Partnerschaft habe sich ihr reiselustiger Mann oft auf geheime Beutezüge durch Ateliers im In- und Ausland begeben: „Wenn ihm etwas gefallen hat, dann musste es einfach sein“, erinnert sich Feyertag mit verständnisvoll. Immerhin habe er wegen seiner Sammelleidenschaft - anders als etwa ein Rudolf Leopold - nie einen Kredit aufnehmen müssen, nur Ratenzahlungen habe es zuweilen gegeben."In den ersten zehn, 15 Jahren hat auch unsere Mutter Ingrid entscheidend am Aufbau der Sammlung mitgewirkt", erzählen Ulrike und Johannes Mießl, die Kinder aus der ersten Ehe. Beim Studium an der "Graphischen" hatten sich ihre Eltern einst kennengelernt und sich später in Klagenfurt eine gemeinsame wirtschaftliche Basis geschaffen.
So manches ist Peter Mießl auch in den Schoß gefallen, wie am Beginn der Ausstellung deutlich wird. Hier hängen an einer Wand – flankiert von zwei Mießl-Porträts von Alois Köchl und Giselbert Hoke – rund zwei Dutzend Bilder, die ihm persönlich zugeeignet wurden. Eines stammt vom amerikanischen Schriftsteller Henry Miller, mit dem der junge Schöngeist korrespondierte. Ein weiteres Geschenk des Skandalautors („Wendekreis des Krebses“) – man begegnet ihm in einer Vitrine – zeigt eine etwas geknickt wirkende nackte Dame.
Ein eigener Bereich ist Mießls „Lieblingen“ Franz Rosei, Martha Jungwirth und Peter Krawagna gewidmet. Mit ihnen war der Schöpfer erlesener Kunstkataloge in inniger Freundschaft verbunden. Unter ihren großteils exquisiten Werken findet man auch ein ungewöhnliches Krawagna-Gemälde von 1963, das die Familie des Künstlers bei einem Pariser Spaziergang zeigt.
Organstrafmandate und Briefe
Zu den weiteren Überraschungen der Schau zählen diverse Briefe, etwa von Daniel Spoerri, zwei Organstrafmandate, die Alfred Hrdlicka figural verzierte, karikaturhafte Blätter von Günter Brus aus gemeinsamen Abenden in Mießls Klagenfurter Haus oder ein von Tone Fink gestaltetes „Beuys-Buch“ – eine Rarität aus Dutzenden Einzelblättern, mit denen sich eine eigene Ausstellung machen ließe. Dazu kommen Arbeiten von internationalen Größen wie Antoni Tàpies, Richard Tuttle, Karel Appel oder Lucio Fontana. Auch Blätter von Klassikern der frühen Moderne sind reichlich vertreten, darunter solche von Alfred Kubin, Anton Kolig oder auch „ein schlüpfriger Picasso“ (so Obernosterer).
Von all diesen Künstlern hat Peter Mießl zeitlebens gelernt. Ihre Ideen und Haltungen hat er auch in seinem eigenen Leben fruchtbar gemacht. So lässt es jedenfalls sein in der Ausstellung präsentes Plädoyer gegen Sattheit und Fantasielosigkeit vermuten: „Jeder bewusste Künstler ist ein Utopist und ein unverbesserlicher Optimist. Das begreift man erst, wenn man weiß, dass Künstler mit ihrer Arbeit fast nie zufrieden sind (...). Daher ist der Künstler mit der Politik bzw. mit dem politischen Umfeld, welches ihn umgibt, nie zufrieden. Er kämpft gegen Diktaturen genauso, wie er gegen Missstände in Demokratien auftritt.“