"Gruber geht“, weil Gruber Krebs hat. Er geht, steigt schrittweise aus seinem altem Macho-Leben aus. Er, für den Tempo typisch war, wird langsamer, nachdenklicher. Der „Mover und Shaker“, wie er im Debütroman der Kolumnistin und Autorin Doris Knecht genannt wird, der Wiener Aufreißer und Porschefahrer, wehrt sich lange gegen das Schwach-Werden, ist aber am (guten) Ende doch geläutert. Der alte Gruber ist gegangen, der neue hat noch eine Chance. Leben, Liebe und Tod sind die klassischen Themen dieser Charakterstudie über einen unsympathischen Bobo, der in der Verfilmung von Marie Kreutzer durch Manuel Rubey verkörpert wurde.
In der Klagenfurter Uraufführung der Bühnenfassung ist Philipp Stix der Alkohol, Koks und Frauen nicht abholde Egomane – lange unter Strom, am Ende nur mehr verkrümmt und weinerlich. Mit Sabine Kristof-Kranzelbinder, die Geliebte, Mutter, Schwester, Ärztin u. a. verkörpert, liefert Stix eine Abfolge von emotionalen Mini-Szenen, die mit nüchternen Erzählphasen wechseln. Sie ist die sich widerstrebend verliebende Berliner DJane Sarah, die am Ende auch noch mit einer Schwangerschaft ins Reine kommen muss. Wie sie das macht, ist berührend und stimmig.
Regisseurin Sarah Rebecca Kühl setzt auf Schwarz-Weiß-Ästhetik, den (E- und Akustik-Gitarren-)Soundtrack von David Gratzer und eine raffinierte Lichtregie. Nur ein Haufen von weißen Polstern im Zentrum der Bühne dient als Kulisse. Er ist einmal Wohnmöbel, dann Krankenbett und später ein Berg von Felsbrocken, die vom Krebskranken mit kraftvoller Wut abgetragen werden. Abstrakt choreografiert, teils synchron, teils in Zeitlupe und mit häufigen Wiederholungen von Gesten und Bewegungen wirkt das Bühnengeschehen fast traumhaft, assoziativ, irreal - ganz anders als die Filmvorlage. Fazit: Starker Tobak, einfache Handlung, einfallsreich für die Bühne umgesetzt.
Karin Waldner-Petutschnig