Zur „Unschuld vom Lande“ inspirierte Sie die Operetten-Diva Fritzi Massary, Wieso war sie legendär?
RUTH BRAUER-KVAM: Fritzi Massary ist eine wunderbare Person, die ganz klein in Wien angefangen hat. Sie hatte gar keine besondere Operettenstimme, hat sich aber mit Ehrgeiz und unglaublichem Fleiß hochgearbeitet und wurde zur größten Operetten-Diva ihrer Zeit an der Komischen Oper in Berlin. Es wurden etliche Operetten für sie geschrieben, wie „Eine Frau, die weiß was sie will“ oder „Madame Pompadour“. Da sie jüdischer Herkunft war, musste sie fliehen, als der Krieg kam, all die Operetten wurden verbrannt. Sie lebte dann in Los Angeles bei Thomas Mann & Co. und war komplett vergessen. Was mich inspiriert hat, war, dass diese Frau unglaublich toll gespielt hat. Sie hat viel mit Mode gearbeitet und war die erste Diva, die nach Paris gegangen ist und die ganze Kollektion gekauft hat. Sie war wirklich eine Wegbereiterin für Marlene Dietrich & Co.


Wie haben Sie von der Massary erfahren?
Mir hat ein wunderbarer Kollege, Regisseur Helmut Baumann, von Fritzi Massary erzählt, weil sie so ein ähnlicher Typ ist wie ich. Ich habe dann jahrelang herumgespielt wegen eines Programms, aber mir fiel nichts Richtiges ein. Und dann hat mir Topsy Küppers, die ich nur so vom Hörensagen kenne, eines Tages ein Geschenk gemacht – den Fächer von Fritzi Massary.


Wusste Topsy Küppers, dass Sie eine Bewunderin der Massary sind?
Nein, nicht einmal das. Sie hat den Fächer von Fritzi Massarys Tochter bekommen, die in Wien geblieben ist, und meinte, es müsse ihn jemand bekommen, der auch singt und spielt. Dieser grüne Fächer spielt an dem Abend mit. Fritzi Massarys Fächer aus den Zwanzigerjahren, es ist unglaublich.


Der Abend ist eine Operettencollage. Auf welche Melodien haben Sie zurückgegriffen?
Es ist bunt gemischt, ich habe nur lustige Texte genommen, sehr viel Lehár und Strauß. Es geht um eine Diva, die sich, wie immer in der Operette, verliebt. Dann heiraten sie und schwören sich ewige Treue. Und dann sauft sie und geht natürlich fremd, und er auch, wie immer in der Operette. Ich habe aus der Essenz aller Operetten eine neue Mini-Operette gemacht. Die ist sehr wild und verrückt, fast punkig und macht großen Spaß. Stephanie Mohr, mit der ich seit Jahren arbeite, hat den Abend eingerichtet und ich habe einen super Musiker mit Akkordeon, Alexander Shevchenko. Es dauert knapp eine Stunde. Ein sehr vergnüglicher, leicht verdaulicher, lustiger Abend.


Und aus den Melodien ergibt sich eine Handlung?
Ja, ich habe eine Handlung erfunden anhand der originalen Operettentexte. Und ein paar Schlager habe ich hineingemodelt.


Sie waren in dieser Spielzeit auch als Shakespeares Narr in Klagenfurt zu erleben. Braucht man zwischendurch so einen lockeren Abend, um die schwierigen Rollen mehr glänzen zu lassen?
Das Schönste an meinem Beruf ist, wenn man in einer Spielsaison komplett unterschiedliche Projekte macht. Der Narr im „König Lear“ ist eine Traumrolle, und dann noch mit Stephanie Mohr. Im Rabenhof habe ich einen Abend für meinen Vater gemacht, seine Lebensgeschichte anhand seiner Texte, der läuft wahnsinnig schön. Und am Dienstag fange ich bei Herbert Fritsch an der Burg an und dann an der Volksoper. In einer Saison komplett unterschiedliche Figuren spielen zu können ...... Es gibt nichts Schöneres!