Sie lacht breit, die Strickhaube fest über die Ohren gezogen und freut sich auf das Abendessen bei den Nachbarn von früher, als die Familie noch in der Koglstraße nördlich von Klagenfurt gewohnt hat. Nach dem Tod von Dietmar Pflegerl im Mai 2007 ist Olivia mit ihrer Mutter Ellen nach Wien gezogen, jetzt ist sie wieder im Land und spielt in einer musikalischen Märchenkomödie ihre erste Hauptrolle. „Schneewittchen und die zwei Zwerge“ heißt das Stück des Dänen Thomas Howalt, eine modernisierte Fassung der Grimm-Vorlage, die bei den Zwergen spart.
Das Theater KuKuKK, notgedrungen permanent auf Sparkurs, investiert bei der österreichischen Erstaufführung in die Fantasie - und hat mit Alexander Kuchinka einen Regisseur geholt, der sein gutes Händchen für kleine, feine Produktionen mehrfach bewiesen hat.
„Schneewittchen ist in einem Turm eingesperrt, die Geschichte hat also Dornröschentouch, und sehr viel Schmäh auf den Grundbausteinen des Märchens“, sagt Olivia Pflegerl und schwärmt über das „süße Bühnenbild“, die „entzückenden Lieder“, von denen fast jedes ein Ohrwurm sei und ihre Kollegen Sandra Miklautz und Michael Kristof-Kranzelbinder. Zu dritt schultern sie insgesamt zwölf Rollen, von der bösen Stiefmutter bis zum Spiegel.
Bühnenluft
Bis Ende April ist die 26-Jährige auch in einer Minirolle bei „Shakespeare in Love“ in den Kammerspielen des Wiener Theater in der Josefstadt zu sehen. Wie das zustande kam? „Durch Zufall“, sagt Pflegerl, die eigentlich nicht an Zufälle glaubt. Jedenfalls habe die Josefstadt jemanden für die Garderobe gesucht, sie habe sich beworben und sei dann draufgekommen, dass ihr Aufgabenbereich backstage in der Künstlerbetreuung liegt. Alles weitere habe sich ergeben. „Es war wie ein Nach-Hause-Kommen: Das Wort Bühneneingang zu lesen heißt für mich: Da gehöre ich hin“, erzählt Olivia Pflegerl, die als Fünfjährige erstmals auf der Bühne gestanden ist – in der „Anatavka“-Inszenierung ihres Vater, mit Karl Merkatz und Ruth Brauer. „Ich war im Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters, der Papa hat mich regelmäßig in Produktionen eingesetzt“, zählt sie auf: „Evita“ auf der Wörtherseebühne, „La Bohème“, „Turandot“, „Pique Dame“ und „Don Giovanni“, Dietmar Pflegerls letzte Inszenierung.
Emotionale Talfahrt
Nach dem Tod des Vaters schaffte das Mädchen den Sprung auf die Bühne emotional nicht. Sie verliebte sich in Salsa und absolvierte eine lateinamerikanische Tanzausbildung, perfektionierte nach der Matura ihr Spanisch in Mexiko und Costa Rica, wo sie in einem Waisenhaus gearbeitet hatte, begann und verwarf ein Sprachstudium an der Universität in Wien, sattelte auf eine Musicalausbildung um, ehe klar war: Das Schauspiel ist ihres. Im Juni 2018 wird Olivia Pflegerl ihren Abschluss an der filmacademy Wien machen. „Ohne Glück und Talent geht nichts, aber man muss alles geben und verlässlich sein“, findet sie.
Angesprochen auf ihr Verhältnis zu Geschichten ist sie ganz die Tochter ihres Vaters: „Ich liebe sie. Der Papa hat immer welche für mich erfunden“. Dass sie jetzt wieder in Klagenfurt sei, wo sie aufgewachsen ist und die Liebe zum Theater entdeckt hat, und noch dazu in ihrer ersten Hauptrolle habe etwas Magisches. „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht nervös bin“, sagt Olivia Pflegerl. Seinerzeit sei es nach einer Premiere Tradition gewesen: Dietmar Pflegerl mist heimgekommen, hat sich aufs Sofa gelegt und seine Tochter gefragt: „So, Liebe, jetzt sag mir, was du davon haltest.“ Der Weg, den sie eingeschlagen hat, ist jedenfalls kein Zufall.