Wir leben in einer Zeit, in der wir permanent die Musik der Vergangenheit aufführen. Das war früher anders: Bachs Musik wurde zu seinen Lebzeiten gespielt, Mozarts Musik ebenso – es war also zeitgenössische Musik. Ältere Sachen wurden kaum aufgeführt“, weiß Dietmar Pickl. Heute dagegen bleiben häufig viele Plätze frei, wenn Neue Musik auf dem Programm steht, während sich die Musik des 18. und 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreut.
Diesem Dilemma stellt sich der Hortus Musicus seit Jahren: Als einziges Vokalensemble in Kärnten widmet man sich permanent der zeitgenössischen Musik. Aber auch das Werk eines „alten Meisters“ hat das Ensemble seit der Gründung vor 45 Jahren begleitet: Claudio Monteverdi, dessen 450. Geburtstag man nun in einem Konzert würdigt.
Und dem man zeitgenössische Komponisten zur Seite stellt, die heuer ebenfalls jubilieren: Michael Nowak (50), Fritz Keil (60) sowie Rudolf Hinterdorfer und Günter Mattitsch (beide 70) haben sich mit Monteverdis „Sestina“ auseinandergesetzt. Das rund 15-minütige Werk, mit dem das Konzert eingeleitet wird, entstand im Jahr 1610 nach dem frühen Tod von Caterina Martinelli (1589–1608). Sie hätte in Monteverdis Oper „L’Arianna“ die Titelrolle singen sollen, starb aber zwei Monate vor der Uraufführung an Pocken. Der Herzog von Mantua, Vincenzo I. Gonzaga, gab daraufhin die „Sestina“ in Auftrag, in der der Hirte Glauco um die tote Nymphe Corinna klagt.
Abschied, Vergänglichkeit und Sehnsucht sind denn auch die Themen, mit denen die vier zeitgenössischen Komponisten auf das Monteverdi-Werk reflektieren. Diesen „Notenschreibern“ wurde außerdem ein „Textschreiber“ zur Seite gestellt: Jani Oswald (60) hat den der „Sestina“ zugrunde liegenden Text von Scipione Agnelli einer Rundumerneuerung unterzogen. Alt trifft Neu, Literatur trifft Musik – ein spannendes Rezept, um Schwellenängste abzubauen.