Vermutlich sind das die Szenen, wo sich Regisseure faustisch ins Fäustchen lachen: Wenn dem Zuschauer die eigene Ohnmacht ins Mark fährt. Da lenkt Sam (Jude Law) sein Fahrzeug über eine Landstraße, die man in guten Stunden befahren kann und in schlechten Stunden überspült ist. Am Ende liegt eine einsame Insel. „Kehr um! Hau ab!“, möchte man ihm zurufen. Schon die Fahrgemeinschaft in „The Third Day“ (Sky) ist schwer belastet: Sam, dessen Sohn ermordet wurde, konnte beim alljährlichen Gedenken an ihn in einem idyllischen Waldstück eine Jugendliche gerade noch am Selbstmord hindern. Sie bringt er heim, auf diese Insel ohne Handyempfang. Oberflächlich gibt es nichts zu mäkeln: Es gibt nette Leute, ein paar schräge Typen zwischendrin, die unheimlichen Rituale – die an „The Village“ erinnern – sind natürlich nur Teil eines Touristenfestivals. Ja, sicher.
Für Sam wird der Aufenthalt zum Psycho-Crashkurs zwischen Wahn und Wirklichkeit, Trauer und Überlebenskampf. Jude Law gibt den an seine Grenzen Getriebenen mit brachialer Energie, der wie in einem Computerspiel über die Insel hetzt. Nach drei Folgen wird Sam von Helen (Naomie Harris) abgelöst, die mit ihren beiden Töchtern auf Entspannung hofft. Was für ein Witz. Wie bei den ersten drei Folgen, die unter „Sommer“ laufen, ist auch „Winter“ ein Mysteryzauberkasten, der, wenn man glaubt, dass es zu offensichtlich wird, noch einen Haken schlägt. „The Third Day“ ist wie ein Kaleidoskop menschlicher Gruppendynamik, die Serie verdichtet Ängste, Vorurteile, Traumata und legt ein Hochspannungsnetz darüber. Eine Empfehlung.
Ungeheuerlich teuflisch geht es auch in Knockemstiff, Ohio, zu. Dort, wo US-Autor Donald Ray Pollock geboren wurde, siedelte er auch seinen Roman „Das Handwerk des Teufels“ an und dort lässt Netflix in „The Devil All the Time“ die düsteren Erzählstränge auseinander- und wieder zusammenlaufen.
Der junge Willard (Bill Skarsgård) fand zunächst im Zweiten Weltkrieg sein Unglück und nach seiner Rückkehr in die bitterarme Heimat mit der jungen Charlotte sein kurzes Glück. Begleitet wird die Ahnung vom besseren Leben von der Geburt des Sohnes Arvin. Jener Arvin (Tom Holland), der später mit ansehen muss, wie seine Mutter den Kampf gegen den Krebs und sein Vater jede Hoffnung verliert. Kurzum: alles furchtbar in Knockemstiff.
Regisseur Antonio Campos findet für den beklemmenden Mikrokosmos, in den nur wenige Impulse aus der Außenwelt vordringen, starke Bilder und eine feine Besetzung, insbesondere mit dem Schweden Skarsgård als Veteran und Robert Pattinson als Pastor, der große Reden und junge Frauen liebt.
Durchdrungen wird das 60er-Jahre-Drama vom endlosen Gottvertrauen der Figuren, das auch durch die Reihe an Schicksalsschlägen nicht geschwächt wird: „Der Herr kann alles tun, wenn du ihn nur richtig fragst“, erklärt Willard seinem Sohn. Nun, in Knockemstiff wird Gott offenbar nicht auf die richtige Weise gefragt.