­Die bauliche Maßnahme: 23.05 Uhr, ORF 2


­Realpolitisch ist seit 2016 immens viel passiert. Dennoch liefert die Doku "Die bauliche Maßnahme", benannt nach einem bürokratischen titelgebenden Begriff einer mittlerweile Ex-Ex-Ex-Ex-Ex-Innenministerin, packende Inneneinsicht in ein Land, eine Grenzregion und die so genannte "Flüchtlingskrise". Nikolaus Geyrhalters vielfach preisgekrönter Film ist heute Abend als "dok.film" um 23.05 Uhr auf ORF 2 zu sehen. Aufbleiben zahlt sich aus.

Der präzise Beobachter, Zuhörer und Kameramann hat sich in einer filmischen Maßnahme dem Brennpunkt Brenner gewidmet. Dort, wo 2016 Pläne für einen 370 Meter langen Grenzzaun keimten und Panzer auffuhren. Ausgerollt und aufgebaut wird der Zaun nie. Er liegt zusammengerollt in einem Container. „Wir hoffen, dass er einfach hier liegen bleibt“, sagt ein Polizist. Und damit spricht er, am Ende des Mut machenden Films, wohl vielen aus der Seele. Denn: Was diese geplante Maßnahme mitsamt politischer Verunsicherung in den Köpfen und Herzen der Menschen anrichtet, wird unaufgeregt, aber mit klarer Haltung erzählt.

Zu Wort kommen Jäger, Wirte und Wirtinnen, Bundesheersoldaten, Senegalesen am Brennerbasistunnelbau, ein Biobauer, Mautkassiererinnen oder Polizeibeamte. Hübsche Idee: Die Politikerphrasen sind aus Fernsehern oder Radios zu hören. Pflichtfilm für alle Politfans.

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers, ORF 1, 20.15 Uhr

Oscar-gekröntes, bildgewaltiges Fantasymärchen von Oscarpreisträger Guillermo Del Toro. In der Hauptrolle zu sehen: Sally Hawkins als blinde Putzkraft Elisa, die sich in einen Amphibienmenschen verliebt, der in einem Labor während des Kalten Krieges gefangen gehalten wird und unter qualvollen Experimenten leidet. Wild entschlossen will sie die Kreatur aus der Gefangenschaft befreien. Guillermo del Toro setzt die Technik mit schöner Strenge ein: als Mittel zum träumerischen Zweck. Als Verbündete. Insofern erzählt dieser Monsterfilm vom monströsesten Gefühl überhaupt - der Liebe. Vier Goldbuben erhielt der Streifen - darunter jene zwei in der Königsklasse "Bester Film" und "Beste Regie". Für alle, die sich einen Abend lang wegträumen wollen.

Verdammt in alle Ewigkeit: Arte, 20.15 Uhr

Der emotionale Kriegsfilm von Fred Zinnemann mit Burt Lancaster und Montgomery Clift wurde 1954 mit acht Oscars ausgezeichnet. Schauplatz des Militärdramas ist die US-Kaserne Schofield auf Hawaii im Sommer 1941. Es erinnert an Amerikas Eintritt in den Zweiten Weltkrieg, der letztlich zur Niederlage Japans und Deutschlands führte. Ein Stück preisgekrönte Zeitgeschichte.

Polizeiruf: Heilig sollt ihr sein! ARD, 20.15 Uhr

Noch nicht preisgekrönt, aber sehenswert: ein brisanter Krimi über religiösen Wahn & Exorzismus. Die Empfängnis war angeblich unbefleckt. Als sich eine schwangere 16-Jährige deswegen von der Brücke stürzen will, rettet sie ein Jugendlicher. Das Mädchen hat sich zu einem Spätabbruch entschieden. Doch es kommt anders: Der Bursch (Tom Gronau) schneidet ihr vor laufender Handykamera im OP das Baby aus dem Bauch.


Der heutige Brandenburger „Polizeiruf“ knöpft sich an der deutsch-polnischen Grenze ein beinhartes und brisantes Thema über Abtreibung, religiösen Wahn und Exorzismus vor. Wundersam, schonungslos, aber auch recht unglaubwürdig. Es ist der vorletzte Fall für die Schauspielerin Maria Simon als Ermittlerin Olga Lenski. „Regisseur Rainer Kaufmann hat eine unglaubliche Gabe, das Schwierige leicht zu machen“, sagt sie zur Kleinen Zeitung. „In diesem Polizeiruf 110 wird das Thema aus zwei Perspektiven erzählt – da gibt es zwei ganz klare Haltungen dazu.“

Ihre größte Herausforderung im Gegensatz zu ihrem Kollegen Lucas Gregorowicz: „Ich komme aus der DDR und bin völlig unwissend, was Religion und auch ausgeführte institutionalisierte Rituale betrifft.“ Der Dreh für den letzten Fall musste Corona-bedingt verschoben werden. Ihre Zeit danach sei noch ein „unbeschriebenes Blatt“. „Das ist ein großer Schritt, der mir auch nicht leicht gefallen ist. Die Arbeit hat mir viel Spaß und Freude gemacht. Dennoch muss ich diesen Schritt wagen und an anderen Dingen als Mord und Totschlag beteiligt sein“, sagt sie.

Maria Simon und Lucas Gregorowicz im neuen Fall
Maria Simon und Lucas Gregorowicz im neuen Fall © ARD


Das heimische Publikum könnte sie auch aus der ORF-Stadtkomödie „Curling für Eisenstadt“ kennen: „Dieses Projekt hat mir sehr viel Freude bereitet. Der österreichische Humor ist so viel schärfer und freier – das mag ich sehr.“