Dass es auch nach 75 Jahren nicht nur um das Erinnern, sondern auch um das Neuentdecken geht, davon ist Alexander Wrabetz überzeugt: Es gelte, „Geschichte aufzuarbeiten, neue, bislang unbeleuchtete Kapitel unserer Geschichte aufzubereiten und darzustellen“, erklärte der ORF-Generaldirektor bei einer Videopressekonferenz zum Programmschwerpunkt „75 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg“. Als Nachrichtenlieferant habe der ORF in den letzten Wochen seine Stärken gezeigt, führte Wrabetz aus. Nun soll der ORF wieder seine zweite Stärke ausspielen, seine „Rolle als elektronisches Gedächtnis des Landes“.
Der öffentlich-rechtliche Sender tut dies ab Mittwoch umfassend: mit 110 Programmstunden auf allen Plattformen und sechs Neuproduktionen. Eine Auswahl: Am 29. April erinnert sich Anne Franks Stiefschwester Eva Geiringer in „Das Mädchen, das überlebte“ an ihr Aufwachsen in Wien und Amsterdam. Fritz Dittlbacher widmet sich in seiner ersten Doku („Wieder ein Mensch sein und nicht nur eine Nummer“, 5. Mai) der Frage, wie das Gedenken an den Holocaust unmittelbar nach dem Krieg aussah.
Im Bereich der Spielfilme sind unter anderem „Die Fälscher“, „Der Bockerer“, „Maikäfer flieg“ und „Waldheims Walzer“ zu sehen. Coronabedingt in den virtuellen Raum verlegt werden mussten das „Fest der Freude“ am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom NS-Regime, und die Internationale Befreiungsfeier aus Mauthausen am 10. Mai. Beides überträgt der Kultursender ORF III live.
Neben dem Kriegsende und der Gründung der Zweiten Republik steht das 65-jährige Jubiläum der Unterzeichnung des Staatsvertrages im Fokus zahlreicher Sendungen rund um den 15. Mai.
Mehr Lust auf Oper, Theater, Kinderabenteuer? Hier einige Empfehlungen für zu Hause:
Abgang im virtuellen Raum
Keine Frage, Intendantin Anna Badora hätte sich einen anderen Abschied aus dem WienerVolkstheater gewünscht und verdient. Ihr Vertrag läuft aus, das Theater bleibt leer. Online, immerhin, bietet die Bühne ein ambitioniertes Programm. Ab morgen für 24 Stunden zu sehen: Ibsens „Peer Gynt“ in der Regie von Viktor Bodó. www.volkstheater.at
Was 2021 in Wien zu sehen ist
Die Opéra national de Paris bietet ab heute, 19.30 Uhr, eine Aufzeichnung der Oper „Carmen“. Die vom spanischen Regisseur Calixto Bieito inszenierte Produktion wird im kommenden Jahr (Premiere 6. Februar 2021) auch in der Wiener Staatsoper zu sehen sein. Der Stream aus Paris ist kostenlos bis 3. Mai abrufbar. www.operadeparis.fr/en
Rošcic beginnt sein Projekt
Ein schwieriger Neuanfang in Coronazeiten: Der designierte Staatsoperndirektor Bogdan Rošcic blickt im Gespräch mit Martin Traxl auf seine erste Spielzeit und Clarissa Stadler stellt das Programm der Saison 2021/21 vor. Im Anschluss (23.15 Uhr) geht es am Kulturmontag um die Fotografie-Kunst von Robert Capa.
Heute, ORF 2, 22.30 Uhr´
Ein Leben ohne Eltern
„Familie Willoughby“ heißt das zweite Netflix-Animationsabenteuer. Optik und Geschichte sind hochgradig ungewöhnlich: Die Geschichte dreht sich um vier Kinder, die von ihren Eltern zwar Namen, aber keine Liebe erhielten. Ob der schräge Film eher für Kinder oder Erwachsene gemacht wurde, lässt sich kaum sagen. Vielleicht das größte Lob.
Netflix