Endlich legt der Dirigent Teodor Currentzis Beethoven-Symphonien vor. Den Auftakt macht die Fünfte, wobei das Album vorerst nur digital erschienen ist, CD und vermutlich auch Vinyl kommen ab Mitte Mai von Sony. Der exuberante Maestro enttäuscht nicht. Die kurzatmig-angespannt phrasierte Interpretation ist plastisch, transparent und mitreißend. Aber die Superlative, die nun alle in ihren Kritiken herauskramen werden, sind dennoch fehl am Platz. Currentzis reiht zwar einen spannenden Moment an den nächsten und lässt mit unvergleichlichen Details aufhorchen, doch diese auf die Spitze getriebene Intensität ist durchaus problematisch. Der Wille, jeden Moment packend zu gestalten, führt zur Willkür. Der Bogen geht bisweilen verloren, weil alles rauschen, zischen, flüstern, lärmen muss. Den Vergleich mit den besten der besten Aufnahmen hält Currentzis nicht stand. John Eliot Gardiners Lesart ist nicht weniger dicht, aber nicht so aufgesetzt. Und bei Carlos Kleiber besteht Beethoven nicht nur aus Furor, sondern auch aus Schmerz.
Superlative begleiten die Einspielung der drei letzten Mozart-Symphonien von Riccardo Minasi und dem Ensemble Resonanz. Auch hier kann Entwarnung gegeben werden: Die bei harmonia mundi erschienenen, flotten Aufnahmen sind zwar herrlich lebendig und kantig, aber weitaus weniger tiefschürfend als die von Nikolaus Harnoncourt, der ja der Erste war, der die Werke als zusammenhängende Trias interpretiert hat. Und auch mit Marc Minkowski oder Philippe Herreweghe ist man nicht schlechter historisch informiert und musikalisch bedient als bei Minasi.
Auf etwas weniger Konkurrenz stößt Justin Doyle bei seiner Aufnahme der "Missa Cellensis" von Joseph Haydn. Die Messe für Mariazell zu Ehren der Jungfrau Maria wird hier schwungvoll und transparent musiziert und wunderbar gesungen. Doyle, der Leiter des RIAS Kammerchors, hat ein wunderbares Gespür für Haydns Tonsprache und balanciert gut zwischen Innigkeit und Pracht aus.
In den letzten Jahren ist der Komponist Mieczysław Weinberg (1919 - 1996) wiederentdeckt worden. Hauptsächlich wegen seiner Oper "Die Passagierin", die erst bei den Bregenzer Festpielen 2010 ihre szenische Uraufführung erlebte. 2020 hätte sie auch in Graz gezeigt werden sollen, die Produktion musste aber coronabedingt abgesagt werden. Nun ist ein Album erschienen, das einige Weinbergs Werk für Klarinette versammelt. Ein Konzert, eine Sonate und eine Kammersymphonie für Streichorchester, Klarinette und Triangel (!). Die Aufnahme aus Dresden unter Michail Jurowski (und mit Klarinettisten Robert Oberaigner als Protagonisten) bieten eine wunderbare Gelegenheit diese ausdrucksstarken Werke, die eine Verwandtschaft zu Dmitri Schostakowitsch erkennen lassen, besser kennenzulernen.