Karl Böhm in Ehren, kein Zweifel an den Verdiensten von Gerard Mortier - aber doch war nach dem Krieg kein Name so prägend für die Salzburger Festspiele wie der von Herbert von Karajan. Über drei Jahrzehnte drückte der Genius mit divenhafter Seite in autokratischer Manier den Festspielen seinen Stempel auf und sorgte dafür, dass diese sich endgültig als Flaggschiff der Kulturszene etablierten.
Karajan war dabei nicht nur ideell ein Kind der Mozartstadt, sondern wurde 1908 wenige hundert Meter vom heutigen Festspielbezirk entfernt geboren. Seine persönliche Geschichte mit den Festspielen begann 1933, als er die Bühnenmusik von Max Reinhardts legendärer "Faust"-Inszenierung dirigierte. Zum Durchstarter wurde er allerdings erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und nach Aufhebung des Dirigierverbot für das einstige NSDAP-Mitglied 1947.
1948 dirigierte Karajan Glucks "Orpheus" - als erste Opernaufführung in der Felsenreitschule. Aber erst mit dem Tod Wilhelm Furtwänglers wird Karajans Zeit in Salzburg wirklich beginnen: 1956 wird er mit Anfang 1957 zum künstlerischen Leiter ernannt - einen Posten, den Karajan bis 1960 bekleidete. Aber auch wenn der Maestro ab 1964 "nur mehr" Mitglied im Direktorium war, so war doch stets klar, wer der eigentliche Impresario an der Salzach ist.
Die Ära Karajan war dabei von massiver Expansion geprägt. 1960 eröffnete er mit dem "Rosenkavalier" das von Clemens Holzmeister gestaltete Große Festspielhaus. Aber bald schon wurde Karajan das Sommergewand zu eng, und er gründete 1967 die Osterfestspiele, die er bis zu seinem Tod leitete und denen sechs Jahre später noch die Pfingstkonzerte folgten - die heute unter dem Namen Pfingstfestspiele firmieren.
Unter Karajans Ägide wurde der Fokus auf den musikalischen Zweig der Festspiele verstärkt, und nicht zuletzt brachte der umtriebe Zampano des Klassikbetriebes die Stars der Zunft nach Salzburg. Künstlerisch war diese Epoche zugleich von einer gewissen Restauration geprägt, setzte der verkaufsbewusste Karajan doch tendenziell auf die sichere Karte und hob primär Werke ins Programm, die im Spielplan bereits etabliert waren und somit kein Risiko darstellen. Dabei wurde Karajans künstlerisches Verständnis nicht zuletzt dadurch dominant, dass der Umtriebige oftmals in Personalunion als Dirigent und Regisseur für die Inszenierungen der Festspiele verantwortlich zeichnete.
Karajan starb 1989 während der Proben für den "Maskenball" in Salzburg. Am 16. Juli verschied der 81-Jährige in seinem Haus in Anif - einen Tag, nach seiner letzten Probe für die Verdi-Oper, mit der die Spielzeit eröffnet werden sollte. Auch wenn den Festspielen zum Ende der Ära Karajan zunehmende Stagnation konstatiert wurde, hinterließ der Tod der dominanten Führungsfigur ein Vakuum, das erst sukzessive wieder gefüllt wurde.
Die Erinnerung an ihren großen Sohn hält die Stadt Salzburg allerdings auch nach dessen Tod hoch. 1991 wurde der damalige Sigmundsplatz mit der berühmten Pferdeschwemme zum Herbert-von-Karajan-Platz umbenannt. Ein Teil des Flughafens Salzburg trägt zu Ehren des Flugfanatikers den Namen Herbert-von-Karajan-General-Aviation-Terminal. Im Vorgarten seines vermeintlichen Geburtshauses nahe dem Makartsteg steht eine lebensgroße Bronzestatue. Und während das Grab des Dirigenten am Friedhof Anif heute als Pilgerstätte dient, sorgt in der Getreidegasse das Eliette und Herbert von Karajan Institut seit 2005 für die Pflege des Andenkens des Maestros, seit 2007 nicht zuletzt mit dem öffentlich zugänglichen Karajan-Archiv.