24 Performerinnen und Performer, dazu ein 36-köpfiger Chor. 60 Menschen auf der Bühne, das gibt's nicht einmal in der Oper. Und demnächst doch in der Oper – nämlich wenn das Festival La Strada mit den Genieartisten von Gravity & Other Myths und den Sängerinnen des katalanischen Cor de Noies eröffnet. "The Pulse" heißt das Großprojekt, das im Takt des menschlichen Herzschlags Zirkusakrobatik, Bühnenerzählung und Gesang verbindet. Internationale Kooperation macht so was möglich. Die ist – etwa über das Europa-Netzwerk In Situ – im Grazer Festival für Straßenkunst, Figurentheater, Neuen Zirkus und Community Art seit jeher gut verankert.
Heuer mit 29 Künstlergruppen an 27 Spielorten – Open Air etwa mit der südfranzösischen Fanflures Brass Band und den wilden Spaniern der Always Drinking Marching Band: Ausgelassenheit garantiert. Die belgische Compagnie Krak lädt mit einer "Invasion der Bänke" ein, sich zu setzen und das Gespräch aufzunehmen. Ihre Landsleute von Focus & Chaliwaté setzen in "Dimanche" familiäre Sonntagsrituale in ein multidimensionales Ökochaos. Die spanische Gruppe Rauxa erkundet kindliche Fantasiewelten und kauziges Objektkabarett. Und das niederländische Performerduo Zwermers macht zu den Klängen von Minimal Music Catwalks fließender Identitäten aus den Gassen der Stadt.
Weit wichtiger aber sind längst Anzahl und Substanz der Eigenentwicklungen bei La Strada: Dafür wurde das Festival heuer sogar "von einem Motto gefunden", so formuliert es Intendant Werner Schrempf. "Im Paradies" heißt es und geht der Frage nach, wie wir Menschen mit unserem Garten Eden umgehen. Dazu lädt das Choreografenduo Marta Navaridas und Alex Deutinger gemeinsam mit dem Künstler Bernhard Wolf zu einer Nacht im Wald bei Kalkleiten. In der 17-stündigen Performance "A Night Out" sind Bett und Frühstück inbegriffen. Naturerfahrungen widmet sich auch die niederländische Theatermacherin Emke Idema in ihrer dreitägigen "School of Unlived Worlds" an der Schnittstelle von Ökologie, Philosophie und Kunst ebenso wie das Mehrjahres-Community-Art-Projekt "Signal am Dachstein", für das heuer Marie-Theres Härtel und Nana-Francisca Schottländer in Residencies recherchieren und das, getragen von einem breiten Künstler- und Mentorenkollektiv, 2024 in eine Ausstellung und Eventreihe münden wird.
Ins Unterholz führt derweil ein Projekt der Gruppe zw'eig, die in "Vor lauter Bäumen" die Stadt in den Wald verpflanzt. Und auch mit dem Planetenparty Prinzip geht es an einen ungewöhnlichen Ort: zum interaktiven "Putsch" in einen Bürokomplex. Eine Klappbox wird zum Schauplatz von Tanz und Slapstick ("Exit"), mit einem Postpaket geht es auf Europareise ("The Parcel Project").
Publikumslieblinge wie Adrian Schvarzstein und das Kindertheater Zitadelle, Klassiker wie die "Open Dance"-Nächte in der Kaiserfeldgasse kehren wieder. Neu am ersten La-Strada-Sonntag: "Marketplace" mit Musik, Akrobatik und Gastro am Kaiser-Josef-Platz. Jenseits von Graz gibt's La Strada in Leibnitz, St. Stefan, Stainz und Weiz.
Ute Baumhackl