Ein Gastspiel der legendären Performerinnentruppe She She Pop, die Rundgänge der längst auch schon legendären Drama Walks. Dazu ein "Best-of" zeitgenössischer Dramatik aus und rund um Graz sowie die außerordentliche Atmosphäre der künstlerischen Partnervermittlungsbörse, die das Festival als viel frequentierter Info- und Text-Umschlagplatz zwischen Autorinnen und Autoren, Theatern und Verlagen mittlerweile einnimmt: Am Mittwoch beginnt das DramatikerInnenfestival in Graz. Anbei fünf Vorschläge für noch Unentschlossene.
"The Knitting Pilgrim"
Angeblich ist Stricken seit Covid-19 ja wieder sexy. Ihm wird der Hype egal sein: Kirk Dunn strickt nämlich schon seit 1988. Der kanadische Schauspieler beschränkt sich aber nicht auf Schals und Socken, er verknüpft sein Bühnen- und Schlaufenwissen zu Kunstprojekten, die flauschiger klingen, als sie sind. Das gilt auch für sein Gastspiel "The Knitting Pilgrim", mit dem er das aktuelle DramatikerInnenfestivel noch vor seiner morgigen Eröffnung eröffnet: Ab heute zeigt Dunn im Theater am Lend das Einpersonenstück "The Knitting Pilgrim". In dessen Mittelpunkt stehen drei gestrickte Wandteppiche, die in Größe und Form an sakrale Buntglasfenster erinnern und an deren Bildern Dunn sich entlang von Judentum, Christentum und Islam mit der Frage befasst, warum die Menschen nicht miteinander auskommen. Heute, 10, 16 und 20 Uhr, Theater am Lend.
"Intimacy of Strangers"
Die Grenzen der Dramatik dehnt auch die immersive Audio- und Videoinstallation "Intimacy of Strangers" der für ihre außerordentlichen Bühnenbilder bekannten Grazer Künstlerin Lisa Horvath. In die Räumlichkeiten des demnächst demolierten Vorklinikgebäudes an der Grazer Uni baut Horvath eine ephemere Landschaft, die als Zwischenreich von Realität und Fiktion angelegt ist und die Innigkeit zwischen Fremden zelebriert – mit sprechenden Steinen und anderen nicht menschlichen und nicht organischen Wesen in einem Raum, der sich mit seinen Besucherinnen und Besuchern verändert. Horvath, bekannt für exzentrische Spielräume, zeigt sich mit diesem installativen Projekt erstmals auch als dramatische Autorin. Endlich, ist man versucht, zu sagen.
Während des gesamten Festivals, Vorklinik
"Kiki de Pop"
Als Dramatikerin, bildende Künstlerin und Shakespeare-Übersetzerin kennt man sie schon: Miroslava Svolikova hat mit ihrem Stück "die hockenden" 2015 den Retzhofer Dramapreis gewonnen und seither unter anderem den Autorenpreis der Österreichischen Theaterallianz, den Nestroy-Autorenpreis und den Nachspielpreis des Heidelberger Stückemarkts. Weil Preise gewinnen bzw. Stücke schreiben ("Europa flieht nach Europa", "Der Sprecher und die Souffleuse", "RAND" etc.) nicht reicht, tritt sie nun auch als Pop-Act auf: als "Kiki de Pop" mit selbst produzierter, experimenteller U-Musik; Visuals werden dazu serviert. Performanceprojekt mit Beats, praktisch.
21. Juni, 22 Uhr, Schauspielhaus 3
"Kids"
Auf eine besondere Spurensuche begeben sich Katharina Jabs und Pedro Martins Beja in ihrem Projekt "Kids": Sie erforschen die Lebenswelten von Jugendlichen in den 90er-Jahren – und fokussieren dabei vor dem Hintergrund auseinanderfallender Nationen, Weltreiche und Ideologien vor allem auf die brüchigen Bezugssysteme, mit denen sich Zuwandererkinder in dieser Zeit auseinandersetzen mussten. Verlorene, vergessene, verwischte Spuren dieser "Kids" werden in der dramatischen Animation wieder sichtbar, die im Dialog zwischen Dramatik und Videokunst den Geschichten der Kinder von damals Bühne und Projektionsfläche geben.
23. Juni, 20.30 Uhr, Theater am Lend
"Retzhofer Dramapreis"
Wenn Ferdinand Schmalz am Sonntag zur Laudatio ansetzt, ehrt damit nicht nur ein heimischer Erfolgsdramatiker eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger: Der Autor war 2013 selbst Träger der biennal vergebenen Auszeichnung und kann damit gemeinsam mit Preisträgern wie Gerhild Steinbuch, Henriette Dushe, Ewald Palmetshofer und Lisa Wentz als Symbolfigur für die enorme Substanz der Retzhofer Dramapreise gelten: Die fungieren längst als verlässliches Frühwarnsystem für besondere Dramatikertalente. Einblick in den Wettbewerb gibt es vorab bei den "Drama Walks" des Festivals – dabei werden (diesmal in der Vorklinik) zehn Stücke für Erwachsene und sogar zwölf für Kinder und Jugendliche angespielt.
25. Juni, 11 Uhr, Heimatsaal
Ute Baumhackl