Ein romantischer Dorfplatz vor mittelalterlichen Häusern, futuristische Landschaftsidylle mit originellem Getier und in großen Flocken rieselnder Schnee im Wald stimmen auf Winter- und Weihnachtszeit ein. Mignon Ritter (Bühne) und Michael Bachhofer (Projektionen & Animationen) ist ein optisches Kunstwerk für das Familienerlebnis in der Grazer Oper gelungen. Wenn dann noch Schreie aus dem Backofengesicht schrecken und der Baum Riesenäpfel abwirft, füllt märchenhafte Stimmung das Haus.
Doch die von Tini Kainrath auch gesanglich faszinierend dargebotene "Frau Holle" hat mit Grimm, vor allem Grimmigkeit gegenüber gieriger Umweltzerstörung gemein. Ergo lässt sie zur Strafe für schlechten Umgang mit der Natur das Wetter Kapriolen spielen. Trägt doch Florian Staneks Märchen-Modifikation den Untertitel "Wetter ist, was du draus machst!" in Anspielung auf Klimawandel und Umweltkatastrophen. Was die einfühlsame "Goldmarie" Cassandra Schütt als Naturschützerin längst begriffen hat, muss ihre Pech-Schwester Lisa Rothhardt erst langsam bei der Wettermacherin im Spiegelhaus mit Regenschirm-Satelliten lernen.
Dreht es sich in der Geschichte zwar um Gold, glänzt hier beileibe nicht alles. Denn der Volksreden schwingende Ortskaiser Michael Großschädl als Horst lässt erst den Wald fällen, um dann Kohle abzutragen. Das erinnert stark an die aktuellen Kämpfe um den deutschen Ort Lützerath, der für geplanten Tagebau abgerissen werden soll. Auch wenn die Mutter Yvonne Klamant gerne ihre Marie an den reichen Mann bringen würde, verträgt sich die Habsucht des Naturschänders Horst nicht mit deren ökologischem Bewusstsein.
Stanek warnt vor Gleichgültigkeit. Aufklärerisch jedoch und nicht mit erhobenem Zeigefinger. Geflügelter Witz des treuen Hahns Terry Chladt, die entzückende Singschul‘ unter Andrea Fournier und Sascha Mutics flott umgesetzte Musik-Arrangements von Sebastian Brand runden unter der Regie von Maximilian Achatz das in Koproduktion mit dem Next Liberty entstandene Musical ab. Es wäre kein Märchen, hätte zuletzt der gierige Waldzerstörer mit seinen maßlosen Profitplänen nicht doch Pech. Ein cleveres Vergnügen für Menschen ab sechs Jahren.
Elisabeth Willgruber-Spitz