Nach Carmens dramatischem Todeskampf öffnet sich das riesige Tor zur Arena. Dort steht neben einem toten Stier eine unheimliche, hagere Figur: Es ist der Tod, der in Georges Bizets "Carmen" im Opernhaus Marburg von Beginn an immer wieder präsent ist und nur von Carmen wahrgenommen wird.
Sonst sieht man auf der Bühne viel Farbe, sowohl bei den folkloristischen Kostümen (Cristina Aceti), als auch bei der naturalistisch-üppigen Ausstattung, für die Regisseur Juan Guillermo Nova selbst verantwortlich zeichnet. Diese bevölkert er mit Unmengen von Choristen und Statisten, die er, wie die Protagonisten, konventionell, aber sehr lebendig und durchaus spannend führt. Immer wieder wird alles angereichert durch hinreißende Tanzeinlagen des hauseigenen Balletts.
Guadalupe Barrientos ist eine Carmen mit prachtvoller, raumfüllender Stimme, wobei die Titelheldin wegen ihrer Körperfülle und Unbeweglichkeit kaum Erotik versprüht. Martin Sušnik als Don José punktet mit höhensicherem, schönem Tenor. Andreja Zakonjšek Krt singt die Micaela mit sehr leichtem Sopran, aber großer Innigkeit. Luka Ortar ist ein ungemein präsenter und kraftvoller Escamillo. Von den vielen kleinen Rollen gefallen besonders Valentina Čuden (Frasquita) und Dada Kladenik (Mercedes). Der Chor singt untadelig. Auf den Kinderchor wird verzichtet.
Mit zügigen Tempi und großer Klangschönheit ist das Orchester des Hauses unter Jon Svinghammar unterwegs, wobei man sich manchmal noch mehr Akzente, Leidenschaft und Feuer gewünscht hätte. Jubel im vollen Haus!