Wo große Gefühle auf große Politik treffen, gedeihen Klatsch, Tratsch, Literatur, Filme, oft sogar Opern. Cäsars Ägypten-Abenteuer ist so ein Moment, der die Phantasie zu emotionaler Überproduktion anregt. Keith Warner macht sich das zunutze und legt in seiner Deutung von Händels „Giulio Cesare in Egitto“ alle Fesseln ab. Der freie Strom seiner Bild-Assoziationen reißt die Figuren und das Publikum mit sich fort. Wir taumeln durch König Tolomeos Heroin-Horrortrip, wohnen Auspeitschung und Enthauptung bei, wir beobachten die Protagonisten beim deftigen Verführungshandwerk im abgewrackten Stummfilm-Kino. Dort nämlich siedeln Warner und sein Bühnenbildner Ashley Martin-Davis die turbulente Handlung an, egal ob vor oder hinter der Leinwand.
Thomas Götz