Anna Netrebko fiebert ihrer fünften Premiere an der Mailänder Scala entgegen. Die Starsopranistin singt die Lady Macbeth in der Verdi-Oper „Macbeth“, mit der das berühmte Opernhaus die neue Saison eröffnet – traditionellerweise am 7. Dezember, dem Tag des heiligen Ambrosius, des Schutzpatrons Mailands.
„Diese Premiere wird ein Abenteuer sein“, sagte die Austro-Russin im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ vor der Scala-Eröffnung, die stets einen Höhepunkt der italienischen Kulturszene darstellt. Für die Russin gibt es „so viele Ebenen, die sich in ,Macbeth’ überschneiden: das Drama natürlich, die Kombination von kranker Liebe und Macht, aber auch wunderbare visuelle Effekte und schöne Kostüme. Das Set bewegt sich, dreht sich, hebt und senkt sich mithilfe von Aufzügen. Die Show ist spannend und perfekt für die Saisoneröffnung: Ich bin sicher, dass sie ein Erfolg wird“.
Dirigent und Scala-Musikdirektor Riccardo Chailly, der sich auf die zweite Fassung der Oper bezieht, die 1865 in Paris uraufgeführt, in französischer Sprache gesungen und 1874 an der Scala in italienischer Sprache inszeniert wurde, hat den sogenannten „Ball“ im dritten Akt wiederhergestellt, eine Instrumentalseite, die viele Dirigenten gestrichen haben. „Die Lady Macbeth erhält eine neue Nuance“, sagt die Sopranistin, die an der Seite von Luca Salsi in der Rolle des Macbeth auftritt.
„Wir haben viele Stunden am Tag hart geprobt, alle Künstler sind sehr engagiert und werden versuchen, ihr Bestes zu geben. Die Scala ist zur Zeit aufgrund der auferlegten Regeln sehr sicher“, so die in Wien lebende Sopranistin, die am 18. September ihren 50er feierte.
Die Rolle der Lady Macbeth wurde in der Vergangenheit von großen Sängerinnen interpretiert. „Meine Vorbilder sind Maria Callas, Ghena Dimitrova, Shirley Verrett und Maria Guleghina. Ich habe von allen was übernommen, aber auf der Bühne wird man meine Lady Macbeth sehen“, sagte Netrebko.
Verdis Oper sei ihrer Ansicht nach heute noch aktuell. „Die Welt hat sich nicht verändert. Wir sind von schrecklichen Dingen umgeben, und wir werden versuchen, das in dieser Aufführung deutlich zu machen“, sagte die Künstlerin. Vor der großen Premiere empfinde sie Aufregung. „Ich fühle eine große Verantwortung, denn ich weiß, dass dies ein wichtiger Tag nicht nur für die Scala, sondern für ganz Italien ist.“
Regisseur der Premiere ist der Italiener Davide Livermore. Mit der diesjährigen Produktion schließt die Scala die Trilogie von Verdis Jugendopern, nachdem in den Jahren zuvor die Saison mit „Giovanna d’Arco“ und „Attila“ eröffnet wurde.
„Es ist ein kleines Wunder, diese Premiere aufführen zu können“, sagte Dominique Meyer bei einer Pressekonferenz vergangenen Montag. Der frühere Direktor der Wiener Staatsoper, seit März Intendant in Mailand. „Wenn man sieht, dass so viele große Theater geschlossen sind, wie die Wiener Staatsoper, München, Dresden, Leipzig, dann muss ich sagen, dass wir Glück haben.“
13 Opern sind an der Scala in der Saison 2021/22 geplant, neun davon sind neue Produktionen. Zu den Höhepunkten zählt Mozarts „Don Giovanni“, der von 27. März bis 12. April angesetzt ist; die Rolle des Commendatore übernimmt der niederösterreichische Bass Günther Groissböck. Und der Villacher Bariton Markus Werba spielt den Musiklehrer in der Oper „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss, die von 15. April bis 3. Mai geplant ist.
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