Auf dem Weg zum Thron schlachtet der missgestaltete und machtbesessene Richard III. alle ab, die ihm im Weg stehen. Er ist ein Psychopath, ungeliebt schon als Kind und hemmungslos manipulativ. “Du bist grauenhaft und nicht genial!”, schleudert ihm die eigene Mutter einmal entgegen. Es sind vor allem einzelne Frauenfiguren, die sich dem skrupellosen Egomanen in den Weg stellen. Die Männer aus seinem Umfeld sind entweder korrumpierbar und auf ihren eigenen Vorteil bedacht oder starr vor Angst.

“Wie kommen Despoten an die Macht?”, fragt man sich heute wie seit Jahrhunderten. Warum lassen sich das die Menschen gefallen? “Grab them by the pussy!”, zitiert die Inszenierung Donald Trump stellvertretend für eine ganze Reihe aktueller Staats-Chefs. Den Männern geht es am Sonntag bei der Premiere von “Richard the kid & the king” auf der Perner Insel in Hallein lustvoll an den Kragen. Das liegt vor allem an Lina Beckmann in der Titelrolle, die mit unglaublicher Bühnenpräsenz das beängstigende Seelenleben dieses Machos verkörpert und dabei respektlos Männlichkeits-Klischees persifliert.

Ob gedemütigtes Kind, rachsüchtiger Jugendlicher mit Buckel und Klumpfuß oder herrschsüchtiger Tyrann: mit einer halben Drehung, einem Augenaufschlag oder einer Handbewegung verführt sie als Er das Publikum so charmant wie charakterlos. Bei aller Obszönität und Gewalt, kann dieser Richard nämlich auch rührend sein - und lächeln beim Morden. Eine anonyme schwarze Scheibe unter einem Firmament aus leuchtenden Planeten-Kugeln (Bühne: Karin Brack) ist die Welt, in der sich die zeitlosen Tragödien abspielen. Prall, laut und fabelhaft exaltiert sind auch Kate Strong, Bettina Stucky und Kristof Van Boven in jeweils mehreren Rollen.

Doch nicht nur die Geschlechterrollen werden bunt durcheinander gemischt auch die Sprache ist ein amüsantes Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch - “He has recently den Löffel abgegeben” - was immer wieder für Lacher im Publikum sorgte. Zwei der sechs Königsdramen von William Shakespeare, “Heinrich VI” und “Richard III”, sind der Ausgangspunkt der Produktion. Es ist ein deftiges Volksstück wie zu Shakespeares Zeiten geworden - auch wenn heutiger Jugend-Slang, politische Anspielungen und drastische Überzeichnungen im Stil von bluttriefenden Splatter-Movies nur wenig mit Shakespeare zu tun zu haben scheinen. Doch die historische Vorlage der Handlung sind die “Rosenkriege” im 15. Jahrhundert zwischen dem Haus York und dem Haus Lancaster um die Thronfolge in England.

In der Bearbeitung durch die Regisseurin und die beiden Dramaturginnen Sybille Meier und Andrea Schwieter sind auch Texte aus “Schlachten!” von Tom Lanoye und Luk Perceval eingeflossen - eine Shakespeare-Produktion, die 1999 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde. So wie damals ist auch die diesjährige Produktion eine Kooperation der Festspiele mit dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg.

Richard the Kid & the King. Perner-Insel, Hallein. 27., 28., 30. und 31. Juli; 2., 4. und 5. August. www.salzburgerfestspiele.at