Es ist sein erster Auftritt als Schauspieler in Wien. Andreas Beck zählt zum Ensemble des Volkstheaters, das ab heute zum „Housewarming“ mit Thomas Bernhards 1985 uraufgeführtem Stück „Der Theatermacher“ im frisch sanierten Haus unter der Regie von Hausherr Kay Voges lädt.

„Das Theater ist meine Passion. Das ist kein Job, den man irgendwie macht", sagt Beck. Es bestehe „zu 80 Prozent aus den Vorstellungen, die man spielt. Um mit den Leuten im Zuschauerraum zu atmen, sie zum Lachen, Weinen und Nachdenken zu bringen. Dafür sind wir da. Das fehlte“, sagt der 57-Jährige, der in der Titelrolle des Staatsschauspielers Bruscon zu sehen ist. „Das ist das Verrückte an der Rolle: Das ist ja der größte Tyrann, den man sich vorstellen kann. Andererseits liebt der das Theater abgöttisch“, erklärt Beck.

Die Dortmunder Inszenierung, die auf der Longlist zum Berliner Theatertreffen landete, wurde vom #MeToo-Skandal auf diversen deutschen Bühnen eingeholt. „Normalerweise sollte Theater nichts mit Macht zu tun haben. Wer Macht ausüben will, sollte nicht ans Theater gehen. Es gibt aber leider viele Leute, die es genießen, Intendant zu werden, plötzlich Macht zu haben. Diese Macht wird dann missbraucht. Das ist das Schlimmste, was in jedem Beruf passieren kann“, sagt Beck.

Einen Bernhard zu spielen, sei „immer etwas Besonders – egal, wo“. Nachsatz: „Natürlich hat Österreich seine eigene Identität. Das will ich überhaupt nicht wegreden. Dennoch ist es 2021 auch ein bisschen absurd, noch so von Österreich und Deutschland zu reden. Wir haben Europa und wir wollen auch ein Stück Europa.“

Und wie besessen muss man vom Theater sein? „Besessenheit ist ein komisches Wort. Es impliziert Blindheit. Ich würde eher sagen, es ist eine Leidenschaft.“ Und dann zitiert Beck „einen der schönsten Sätze“ im „Theatermacher“: „Wir sind Opfer unserer Leidenschaften.“ Das sei „wie eine große Liebe“. Sein Verständnis von zeitgenössischem Theater: „Es ist ein Ensemble-Sport. Man ist im Theater immer nur so gut wie das schwächste Glied einer Kette. Natürlich stehen wir SchauspielerInnen da und kriegen die Tomaten oder den Applaus ab, aber auch TontechnikerInnen, BeleuchterInnen, AnkleiderInnen, Maske, Requisite, InspizientInnen, SouffleusInnen tragen zum Gelingen eines Abends bei. Zeitgenössisches Theater bedeutet für mich, dass es eben nicht einen alten Patriarchen gibt, der oben in seinem Büro sitzt und sagt, wie etwas gemacht wird, sondern dass man gemeinsam ein Theater bautW, erläutert das Ensemble-Mitglied, das mit Kay Voges mit nach Wien gekommen ist. Und: „Ich möchte nur noch mit Menschen Theater machen, die Lust darauf haben.“

Der 1864 in Straslsund geborene, wurde bereits sehr früh mit dem Theater angefixt. Nachdem er mit fünf Jahren mit dem Kinderballett auftrat, wechselte er später zum Pionierttheater. „Dort habe ich das erste Mal Blut geleckt: auf der Bühne stehen, geschminkt werden, Kostüme anziehen. Das ist dieser Geruch von allem zusammen. Wer einmal Theaterluft gerochen hat, will immer wieder hin. Das ist wie eine Sucht", erinnert sich Beck heute. Er lernte den Theaterbetrieb von der Pike auf kennen: arbeitete als Beleuchter und in der Technik in Stralsund, es folgten ein Schauspielstudium in Leipzig, Engagements in Eisleben, Berlin und Essen. Von 2005 bis 2010 war er Ensemblemitglied am Staatstheater Kassel, von 2010 bis 2020 am Schauspiel Dortmund. Und nun stellt er sich in Wien vor.