„So viel Publikum hatten wir schon lange nicht mehr.“ Betriebsdirektor Georg Kandolf zeigt Humor angesichts von gezählt sieben Journalistinnen und Journalisten, denen das Führungsteam des Grazer Schauspielhauses am Donnerstag die Pläne für die verbleibende Saison präsentierte. Die Vorhaben sind erstaunlich umfassend, trotz vorerst andauerndem Lockdown und wackeliger Zukunftsperspektiven: Dessen ungeachtet, so Schauspiel-Intendantin Iris Laufenberg, blicke man „zuversichtlich in den April“, entsprechend unerschrocken ist die Planung: Das Schauspielhaus setzt, trotz zuletzt nicht eben ermutigender Signale vonseiten der Politik, auf einen baldigen Neustart - und auf den Schwerpunkt Neue Dramatik. Am 1. April soll die Dramatisierung von Stanislaw Lems Roman "Sterntagebücher“ uraufgeführt werden, ein Ersatztermin steht vorsichtshalber aber auch schon fest: 13. April. Insgesamt soll es bis Sommer jedenfalls noch acht analoge Premieren geben, am 9. April „Der große Diktator“ nach Charlie Chaplins berühmtem Film, am 10. April Sam Steiners "Zitronen Zitronen Zitronen", am 16. April „Das Licht im Kasten" von Elfriede Jelinek und am 26. April Maria Ursprungs „Schleifpunkt“ - übrigens der bereits sechste Versuch, das Werk im Haus zur Uraufführung zu bringen, wie Kandolf anmerkt.
Franz Solars komödiantisches Solo "Kampf der Lüge" (8. April), Clemens Setz‘ „Flüstern in stehenden Zügen" (12. Mai) und ein musikalischer Abend von Sandy Lopicic mit dem Titel „OI OFFN!“ (14. Mai) komplettieren das Programm, zu dem auch ein Kooperationsprojekt mit dem Performerduo Navaridas/Deutinger (7. Mai) zählt. Des weiteren sollen das DramatikerInnen-Festival (8. bis 13. Juni) und der schon im Vorjahr verschobenen „Ring-Award“ (22. bis 27. Juni) heuer auf jeden Fall stattfinden.
Das alles ist auch insofern tapfer geplant, als dem Haus seit dem ersten Lockdown mittlerweile 375 Vorstellungen ausgefallen sind. Drei große Premieren - "Sommernachtstraum", "Macbeth" und "Making of a Great Gatsby" - sind fix auf die nächste Saison verschoben. Der undurchsichtigen Lage der kommenden Wochen versucht man aber auch mit einer Ausweitung des digitalen Programms zu begegnen: Das Kontingent für die aktuell ausgebuchte Virtual-Reality-Produktion „Krasnojarsk“ wird aufgestockt - es gibt ab 8. März also wieder freie Termine. Ein nächstes VR-Projekt, „Der Bau“ nach Kafka, ist bereits in Vorbereitung.
Auch der kostenpflichtige Online-Spielplan wird erweitert. Nebst Nikolaus Habjans „Böhm“ wird im März auch sein Duett mit Neville Tranter „The Hills Are Alive“ gestreamt, „Cyrano de Bergerac“, Lot Vekemans' „Niemand wartet auf dich“ und eine Online-Theaterversion von „Zitronen Zitronen Zitronen“. Ergänzend gibt’s Online-Schulaktionen und virtuelle Treffen mit Abonnentinnen. Insgesamt hoffen Laufenberg, Kandolf & Co. aber auf die baldige Wiederaufnahme des realen Spielbetriebs, und dass dann wenigstens eine „Coronanormalität, wie wir sie im Herbst hatten“ wieder möglich wird. Soll heißen: Vorstellungen für bis zu 300 Zuschauer in Haus 1. Demnächst gibt’s aber sogar Aussicht auf noch weit mehr Publikum: Daniel Foersters Grazer Inszenierung von Ferdinand Schmalz‘ Stück „jedermann (stirbt)“ wird Ende März aufgezeichnet und am 16. April in ORF III ausgestrahlt.
Das Saison-Magazin #2 mit aktualisiertem Spielplan liegt ab sofort auf.
Ute Baumhackl